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Der Erste Weltkrieg in 140 Zeichen

Von Barbara Dürnberger

1914
Krieg und Karikatur: Historische Quellen wie dieser US-Kriegs-Cartoon aus 1916, ein Ausstellungsstück der Wien-Bibliothek, werden neuerdings per Tweet versendet. Online finden sich wahre Schätze.
© WBR

Auf der Social-Media-Plattform Twitter wird im Andenken an den Ersten Weltkrieg so mancher Archivschatz gehoben.


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Twitter zählt wohl zu den merkwürdigsten Social-Media-Trends der letzten Jahre. Der Kurznachrichtendienst, bei dem registrierte Mitglieder die Möglichkeit haben, Gedanken und Informationen kurz und knapp in die Welt hinaus zu zwitschern, hat derzeit weltweit über 255 Millionen User und zählt neben Facebook und dem Foto-und-Video-Sharing-Dienst Instagram zu den bekanntesten und am meisten genutzten Social-Media-Diensten weltweit.

Vor allem in den USA nutzen Prominente den Dienst gerne um ihre Fans - in diesem Kontext meist als Follower-Gemeinde bezeichnet - mit Fotos und Geschichten aus ihrem Alltag zu unterhalten. Sogar Karl Lagerfelds Katze besitzt ja bekanntlich einen Account - der kleinen Choupette folgen über 37.000 User.

Twitter kann aber mehr. Vor allem zu speziellen Anlässen und Ereignissen ist es nicht nur ein wertvolles Recherchetool, sondern auch ein nützlicher Informationsdienst. So finden sich im "Super-Gedenkjahr 2014" zahlreiche Accounts, die ihre jeweiligen Tweets mit den knapp bemessenen 140 Zeichen dazu verwenden, um des Ersten Weltkriegs zu gedenken. Auf manchen Useraccounts finden sich wahre Schätze aus der damaligen Zeit.

Neue historische Zeugnisse

Besonders hervorzuheben ist dabei der Twitter-Account @extraausgabee, bei dem seit Anfang des Jahres täglich Kurznachrichten (Tweets) über den Ersten Weltkrieg gepostet werden. Als zusätzliches Onlineservice begleitet der Account die Ausstellung "Extraausgabee! Die Medien und der Krieg 1914-1918", in der das Bundeskanzleramt gemeinsam mit dem österreichischen Staatsarchiv die Rolle des k.u.k. Kriegspressequartiers im Ersten Weltkrieg thematisieren. Die Ausstellung bietet dabei historische Zeugnisse, die so noch nie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden.

Ähnlich verhält es sich auch mit dem Account auf Twitter: Täglich werden vorrangig Bilder und weiterführende Links getwittert, oftmals auch mit amüsantem Begleittext, sofern es der Kontext erlaubt. So sieht man allerhand Kurioses, wie zum Beispiel das Freilassen einer Gruppe Brieftauben mit dem Text "Die Email der damaligen Zeit hatte noch Flügel! Skandalös, die Entente hatte doch einen technischen Vorteil!!" Auch Videos, alte Zeitungsartikel und sonstige Archivalien werden den Followern in regelmäßigen Abständen gezeigt.

Neben der @extraausgabee gibt es noch weitere Accounts, die sich mit dem Kriegsgeschehen vor hundert Jahren beschäftigen. Unter anderem der Account @seinerzeitung, der bereits seit November 2011 auf Twitter vertreten ist und mit über tausend Followern zu den renommierteren historischen Accounts in Österreich zählt. Getweetet wird, wie der Name schon suggeriert, was österreichische Zeitungen seinerzeit geschrieben haben. Dabei konzentriert man sich nicht ausschließlich auf die Entwicklungen vor und während des Ersten Weltkriegs sondern auch auf die Zeit danach. Beliebt sind auch hier historische Bilder und Fotos.

Sehr umfangreich ist auch der Account @Gedenkjahr_2014, der vom Bundesministerium für Bildung und Frauen betreut wird und sich neben 1914 auch mit anderen historisch bedeutungsvollen Jubiläen, wie 75 Jahre Zweiter Weltkrieg oder 25 Jahre 1989 beschäftigt. Getweetet wird täglich über bevorstehende Ausstellungen, Vorträge, ebenfalls ergänzt durch viel Bild- und Infomaterial.

Der Erste Weltkrieg beschäftigt aber nicht nur Österreich. Besonders die britische BBC tut sich hervor. Anlässlich des umfassenden Schwerpunkts "BBC World War One", der sowohl im TV als auch im Radio und Online stattfindet, ist der öffentlich-rechtliche Sender auch auf Twitter äußerst aktiv. Unter dem eigens erstellten Account @bbcww1 werden nicht nur Fotos getweetet und Archivmaterial gezeigt, sondern viel Wert auf Details gelegt, die den Krieg und dessen Verlauf beeinflussten. So kann man etwa nachlesen, wie knapp seinerzeit das schottische Glasgow vor einer Revolution stand.

Echtzeit-Tweets

Ebenfalls sehr gut aufbereitet ist der luxemburgische Account @RealTimeWW1, der als Studentenprojekt geführt wird und seit Februar 2012 auf der Plattform vertreten ist. Unter dem Motto "WWI goes Twitter" wurde hier die Geschichte des Ersten Weltkriegs so aufbereitet, als würde dieser gerade erst beginnen. Getweetet wird ausschließlich im Präsens, geboten wird unter anderem eine tägliche Rundschau auf die Titelblätter der Zeitungen weltweit. Ein interessantes Projekt, wenn man bedenkt, dass hundert Jahre später tatsächlich von aktuellen Kriegsschauplätzen live gewittert wird.

Am Tag des Attentats konnte man live verfolgen, was am 28. Juni 1914 geschehen ist. "Der Zug mit Franz Ferdinand und Sophie erreicht Sarajevo" verlautbart der Account um exakt 10 Uhr Vormittag. Nachdem die erste Bombe den Festzug getroffen hat, wird ein Video gepostet mit den Worten: "Exklusive Neuigkeiten: Der Erzherzog kommt unversehrt im Rathaus an". Bald darauf gibt es Bilder von Attentäter Princip zu sehen - alles zeitecht und spannend aufbereitet.

Neben solchen mehr oder weniger offiziellen Accounts gibt es auch noch viele private Tweeter, die den Ersten Weltkrieg zum Anlass nehmen, ihr Wissen mit der Welt zu teilen. Empfehlenswert ist es, sich zu informieren, wer hinter den Tweets steht. Denn die Gefahr im Internet auf jemanden zu stoßen, der die Weltgeschichte neu erfinden will, ist auch auf Twitter allgegenwärtig.