Alternativszenarien nicht möglich oder extrem schmerzhaft. | Rettungsfonds-Chef Regling: Austritt wäre "wirtschaftlicher Selbstmord". | Wien. Er gilt als der währungspolitische Hardliner unter Europas Notenbankchefs und ist definitiv kein Freund des großzügigen Geldausgebens: Nun stellt ausgerechnet der deutsche Bundesbankchef Axel Weber eine Aufstockung des nominell 750 Milliarden Euro schweren Schutzschirms von Eurozone, EU und Internationalem Währungsfonds für hochverschuldete Eurostaaten in den Raum. | Merkel und Sarkozy wollen gemeinsam agieren | Österreich nur im Osten verwundbar
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Sollte der Betrag nicht ausreichen, könne man ihn erhöhen, so Weber, der auch Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank ist und als Nachfolger von Präsident Jean-Claude Trichet gehandelt wird. Ein Angriff auf den Euro habe keine Chance auf Erfolg, so Weber. Die Aussagen haben die nervösen Finanzmärkte aber nicht beruhigt; im Gegenteil: Die Renditen (quasi die Zinsen) für Staatsanleihen der Problemländer stiegen am Donnerstag auf Höchststände (siehe Grafik).
Angespannte Situation
Dass ausgerechnet von deutscher Seite eine Aufstockung des Rettungsschirms für Länder, die von einer Staatspleite bedroht sind, ins Spiel gebracht wird, zeigt wie angespannt die Situation ist. Schließlich hatte die Bundesrepublik vor einem halben Jahr alle Möglichkeiten genutzt, um finanzielle Unterstützung für Griechenland zu verzögern. Deutschland trägt als volkswirtschaftliches Schwergewicht der Eurozone naturgemäß am meisten zu den Gemeinschaftshilfen bei.
Nun will offenbar auch Berlin mögliche Staatspleiten, die zu einem Auseinanderbrechen der Eurozone führen könnten, um jeden Preis verhindern. Tatsächlich wäre ein jähes Ende der Gemeinschaftswährung so schmerzhaft, dass sogar Deutschland im Ernstfall lieber noch einmal seine Steuerzahler zum Wohle ausländischer Schuldensünder zur Kasse bitten würde.
Dabei hätte ein Austritt eines Pleitestaats auf den ersten Blick durchaus Charme: Das betroffene Land würde wieder über eine eigene Währung verfügen, könnte diese schlagartig abwerten und so ohne tiefe Einschnitte bei den Löhnen die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft verbessern. Außerdem hätte der Staat die Möglichkeit, sich durch eine lockere Zinspolitik eines Teils seiner Schulden durch Inflation zu entledigen. Die Eurozone wiederum wäre einen Problemfall los.
In der Praxis ist dies jedoch kein gangbarer Weg: Die bestehenden Staatsschulden - die ja in Euro aufgenommen wurden - würden mit der Abwertung der neuen Landeswährung durch den Wechselkurs automatisch im selben Maße ansteigen. Eine Pleite wäre erst recht wahrscheinlich. Unter dieser würden die Banken aller anderen Länder leiden, die Anleihen des betroffenen Staates halten.
2000 Milliarden Euro
Auch eine zweite Variante, die gelegentlich ins Spiel gebracht wird, scheint undurchführbar: eine Zweiteilung der Eurozone in solide und weniger solide Staaten. Erstere könnten den Euro behalten, Letztere würden geschlossen austreten. Hier würden jedoch ähnliche Probleme auftreten wie zuvor beschrieben. Kreativ aber unrealistisch scheint die abgemilderte Version, bei der alle den Euro behalten, die EZB aber praktisch jedem Land verschiedene Leitzinsen vorgibt.
Der Chef des Euro-Rettungsfonds, der Deutsche Klaus Regling, rechnet in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung jedenfalls nicht mit einem Auseinanderbrechen des Währungsraums. Kein Land werde freiwillig den Euro abgeben. Für schwächere Länder wäre das wirtschaftlicher Selbstmord, ähnlich für die stärkeren Länder.
Dann bleibt also nur, im Fall des Falles weitere Mittel für Gemeinschaftshilfen zur Verfügung zu stellen. Bereits im Oktober plädierten Willem Buiter und Ebrahim Rahbari von der US-Bank Citigroup in einem Papier für das Centre for Economic Policy Research dafür, den Beitrag der Eurozone zum Rettungsschirm deutlich aufzustocken: Derzeit sind dies 440 Milliarden Euro, Zielgröße wären dem Vorschlag gemäß mindestens 2000 Milliarden. Damit könnte der Fonds den Finanzbedarf aller Eurostaaten für zwei Jahre übernehmen. Vorfinanzieren könnte das die EZB.
Ein Sprecher der EU-Kommission wies unterdessen Berichte zurück, wonach die Behörde eine Verdopplung des Euro-Rettungsschirms von derzeit 440 Milliarden Euro vorgeschlagen habe. Die Kommission sei gar kein Mitglied in dem zwischenstaatlich organisierten Euro-Hilfsfonds. Es drohten auch keine Engpässe, weil mit Irland bisher nur ein Land Hilfe beantragt habe.