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Der Euro ist immer noch ein Erfolg - und die Krise keine Währungskrise

Von Hermann Sileitsch

Analysen

"Wir müssen den Leuten viel deutlicher sagen, was ihnen der Euro gebracht hat": Es klingt wie Hohn, was EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso den Mitgliedstaaten im Interview mit der "FAZ" aufträgt - nachdem er sich erstaunlich lange auf Tauchstation befunden hat.


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Alle Welt spricht und schreibt über die Euro-Krise, die sich zur Bedrohung für die Weltwirtschaft auswächst - und zugleich soll die Gemeinschaftswährung als Erfolg verkauft werden?

So absurd es klingen mag: Barroso hat recht. Der Euro ist ein Erfolg. Er ist eine stabile Währung. Und: Die (zugegebenermaßen auch in der "Wiener Zeitung") sogenannte Euro-Krise ist im Grunde genommen keine Währungskrise.

Warum ist der Euro ein Erfolg? Weil besonders Exportländer wie Deutschland (oder auch Österreich) wie keine anderen von der gemeinsamen Währung profitiert haben. Gäbe es den Euro nicht, wären die D-Mark und in ihrem Gefolge der Schilling unter massiven Aufwertungsdruck geraten. Peripherieländer wie Griechenland, Spanien oder Italien hätten ihre Drachmen, Peseten oder Lire hingegen mehrfach abgewertet. Deutsche oder österreichische Güter wären somit für diese Länder massiv teurer, unsere Produzenten hätten ganze Absatzmärkte verloren.

Zur Stabilität: Auch wenn der Euro aufgrund von subjektiven Eindrücken (und schreierischen Schlagzeilen) vom Start weg als "Teuro" verschrien war und dieses Image seither nicht mehr losgeworden ist, zeigen alle objektiven Preisdaten, dass die Währung tatsächlich stabiler war und ist als jede Vorgängerwährung. Es wird nämlich oft vergessen, dass es beträchtliche Teuerungsschübe auch zu Schilling-Zeiten gab. Die Europäische Zentralbank hat es bisher (allen Unkenrufen zum Trotz) geschafft, ihr Teuerungsziel von nahe bei, aber knapp unter zwei Prozent zu erreichen. Für Euro-Bürger, die sich innerhalb des Währungsraumes bewegen, repräsentiert das Geld einen stabilen Wert.

Gegenüber anderen Währungen ist der Euro tatsächlich massiv unter Druck: Am Dienstag markierte er gegenüber dem japanischen Yen ein Achtjahrestief. Mit dem Vierjahrestief gegenüber dem US-Dollar (bei einem Kurs von aktuell 1,22) liegt der Euro freilich in einer Bandbreite, die Experten für eine faire Bewertung halten. Nicht zu vergessen: Ein Euro war schon einmal nur 0,84 Dollar wert (im November 2000 und Juli 2001). Während sich Europa also um seine Währung fast zu Tode sorgt, halten die Chinesen ihren Yuan Renminbi mit allen Mitteln tief, um die Exporte anzukurbeln.

Die Euro-Krise wiederum ist in Wahrheit eine Staatsschulden-Krise: Die große Gefahr ist nicht etwa der fallende Euro, sondern dass noch weitere Euro-Länder wie Griechenland das Vertrauen der Investoren verlieren und ihre Schulden nicht mehr über den Markt finanzieren können. Das heißt nicht, die Krise kleinzureden: Die Lage ist brenzlig. Der Euro-Kurs ist dafür aber nur ein Symptom und nicht der Auslöser.

Siehe auch:

+++ Die Sorge vor dem zweiten Absturz

+++ Schieflage: Von den Sparkassen droht Spaniens Bankensektor große Gefahr