Dass die Europäische Union einen eigenen auswärtigen diplomatischen Dienst benötigt, steht außer Frage, nur wie soll er rekrutiert und wo soll er angesiedelt werden?
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Gemäß Artikel 27 Absatz 3 EU-Vertrag in der Fassung des Vertrages von Lissabon (2007) stützt sich der (zukünftige) Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik auf einen "Europäischen Auswärtigen Dienst" (EAD).
Dessen Organisation und Arbeitsweise werden auf Vorschlag des Hohen Vertreters und nach Anhörung des Europäischen Parlaments durch einen Beschluss des Rates festgelegt. Gemäß der "Erklärung (Nr. 14) zur Gemeinsamen Außen und Sicherheitspolitik" in der Schlussakte von Lissabon werden dadurch unter anderem die mitgliedstaatlichen Kompetenzen nicht berührt. Da weitere Bestimmungen fehlen, bleibt eine Reihe von Fragen offen, von denen nur die beiden wichtigsten herausgegriffen werden sollen. Benötigt die EU überhaupt einen solchen EAD - und wenn ja, hat sie einen solchen nicht schon längst? Falls er aber erst eingerichtet werden muss, wo soll der EAD lokalisiert werden?
Delegationen der EU
Zur besseren Wahrnehmung ihrer vielfältigen Außenbeziehungen richtete die Europäische Kommission schon sehr früh einen sogenannten "Außendienst" ein, der Anfang der 70erJahre in "Delegationen der Kommission" umgewandelt wurde. Ihre erste primärrechtliche Verankerung erfuhren die Delegationen durch Artikel 20 EU-Vertrag in der Fassung des Vertrages von Maastricht (1992). Gegenwärtig bestehen weltweit in 125 Staaten solche "Delegationen".
Diese sind aber lediglich Vertretungen des Organs "Kommission" und nicht der EU selbst. In diesem Sinne hat die EU heute noch keinen eigenen "Auswärtigen Dienst". Erst Artikel 221 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU (VAEU) in der Fassung des Vertrages von Lissabon wandelt die Delegationen der Kommission in solche der Union um.
Gemäß der "Erklärung (Nr. 24) zu Artikel III-296", die auf der Regierungskonferenz 2003/04 zur Ausarbeitung des "Verfassungs-Vertrages" von den Mitgliedstaaten angenommen wurde, waren die Vorarbeiten für die Errichtung des EAD bereits mit der Unterzeichnung - und nicht erst mit der (dann gescheiterten) Ratifikation - des "Verfassungs-Vertrages" einzuleiten, was bereits am 29. Oktober 2004 der Fall war.
Ferrero federführend
In diesem Sinne begrüßte der Europäische Rat vom 16./17. Dezember 2004 auch den Umstand, "dass der Vorsitz, der Generalsekretär des Rates und der Hohe Vertreter sowie die Kommission die Arbeit an der Errichtung eines EAD bereits aufgenommen haben".
Damit arbeiten seit nunmehr dreieinhalb Jahren eine Reihe von Organen in der EU an der näheren Ausgestaltung des EAD, wobei der für die Auswärtigen Beziehungen zuständigen Kommissarin Ferrero-Waldner die Federführung zukommt.
Da der zukünftige EAD gemäß Artikel 27 Absatz 3 EU-Vertrag Beamte aus den einschlägigen Abteilungen des Generalsekretariats des Rates und der Europäischen Kommission, aber auch abgeordnetes Personal der nationalen diplomatischen Dienste (sogenanntes "secondment") - schätzungsweise im Umfang von 7000 Personen - umfassen soll, gestaltet sich die konkrete Rekrutierung des Personals des EAD ausgesprochen schwierig.
Aber auch die Frage der Lokalisierung des EAD - Anbindung an den Rat, an die Kommission oder eigenständige Existenz "sui generis" - ist politisch mehr als heikel. Kommissarin Ferrero-Waldner stellte diesbezüglich eine Lösung "nicht vor 2010" in Aussicht.