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Mehrere Optionen auf dem Tisch, auch Schuldenschnitt möglich. | Vorläufig kein Krisentreffen, Athen mahnt zur Eile.
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Brüssel. Noch ist unklar, wann einander die Staats- und Regierungschefs der Eurozone treffen, um das zweite Rettungspaket für Griechenland endgültig festzuzurren. Der ursprünglich zirkulierte Termin um das bevorstehende Wochenende wird wohl um rund eine Woche verschoben.
Ein Treffen habe keinen Sinn, wenn noch keine konkreten Ergebnisse geliefert werden könnten, meinte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel einerseits. Schon nach der Tagung der Finanzminister zu Wochenbeginn hatten die Märkte nicht gut auf den recht allgemein gehaltenen Text der Beschlüsse reagiert. Andererseits mahnte der griechische Premierminister Giorgos Papandreou erneut zur Eile. "Wenn wir nicht bald die Entscheidung haben, dass das zweite Programm Griechenland schützt und das Land seine tiefgreifenden Reformen unternehmen kann, wird das Programm selbst unterlaufen", sagte er in einem Interview.
Unverständnis für Ratingagenturen
Im Hintergrund arbeiten Experten daher fieberhaft an möglichen Wegen aus der immer verheerender werdenden Schuldenkrise. Schließlich werden die EU-Politiker von den US-Ratingagenturen vor sich hergetrieben, große Länder wie Italien und Spanien geraten zunehmend ins Visier. Die neuerliche Abwertung Griechenlands auf Super-Ramsch durch die Auguren von Fitch sei "bedauerlich und unverständlich", meinte eine Kommissionssprecherin am Donnerstag.
Gerade eben hatten EU und IWF eine neue Notkredittranche für Athen über zwölf Milliarden Euro freigegeben, zudem bestehe der klare Wille, den Griechen ein weiteres Rettungspaket zukommen zu lassen.
Dieses zu schnüren ist vor allem deshalb so schwierig, weil sich die Beteiligung des Privatsektors (der Banken) denkbar schwierig gestaltet. Immerhin haben sich die Finanzminister inzwischen damit abgefunden, dass die zumindest kurzfristige Abwertung Griechenlands auf "Selective Default" (SD/Teilweiser Ausfall) im Fall eines Schuldenschnitts ("Haircut") in Kauf genommen werden muss.
Etwas verwirrend äußerte sich Österreichs Finanzministerin Maria Fekter zum Thema: Sie sei gegen einen Haircut, meinte sie - aber für eine Umschuldung. Sogenannte "Brady-Bonds" seien dabei eine Spielart, die geprüft werde. Umgelegt auf die Eurozone bedeutete diese Option den Aufkauf von griechischen Anleihen durch den Eurorettungsschirm "European Finacial Stability Facility" (EFSF) zum Marktpreis von derzeit rund 50 Prozent des Ausgabekurses oder etwas darüber. Die bisherigen (privaten) Gläubiger Griechenlands erhielten dafür erstklassige EFSF-Anleihen mit Triple-A-Rating im Gegenwert des reduzierten Betrages. Ergebnis wäre freilich ein glatter Schuldenschnitt über wahrscheinlich gut 40 Prozent. Darüber hinaus soll auch der von Deutschland angeregte Tausch von fälligen griechischen Staatsanleihen gegen neue Papiere mit längeren Laufzeiten weiterhin im Gespräch sein. Fekter erzählte, dass auch die Einbindung der Versicherungswirtschaft eine Möglichkeit sei. Die Schuldverschreibungen der Griechen könnten "klassisch versichert" werden; was das kosten würde, ist noch unbekannt.
Wieder offen scheint unterdessen auch der Umfang des zweiten Griechenlandpakets zu sein. Bisher war stets von 130 Milliarden Euro bis Mitte 2014 die Rede, von denen die Griechen 30 Milliarden selbst über Privatisierungen stemmen müssten. Sollte es zu einem größer angelegten Rückkauf von griechischen Staatsanleihen kommen, könnten noch wesentlich mehr Mittel benötigt werden.
Regierung in Rom bringt Sparpaket durch
Aus Euro-Sicht positive Nachrichten gab es aus Italien: Ministerpräsident Silvio Berlusconi und Finanzminister Giulio Tremonti haben ihr milliardenschweres neues Sparpaket durch den Senat gebracht, um den finanziellen Zusammenbruch des Landes zu verhindern. 70 Milliarden Euro soll es bis 2014 bringen. Tremonti hatte vor der Abstimmung eindringlich vor einer Absage gewarnt: "Europa hat ein Treffen mit dem Schicksal", sagte er. "Die Rettung kommt nicht von den Märkten, sondern von der Politik. Diese darf keine Fehler begehen. Denn es ist wie auf der Titanic: Auch die Passagiere der ersten Klasse retten sich nicht."