Säkularisierung und Kirchenbeitrag als Hauptgrund. | Strukturreform als Antwort auf Wandel.
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Wien/Gloggnitz. Während Muslime und Orthodoxe in Österreich hohe Zuwachsraten verzeichnen, sinkt der Anteil der alteingesessenen Kirchen zusehends. Neben der katholischen Kirche betroffen sind vor allem auch die evangelischen Gemeinschaften. Gab es 1971 in Österreich noch rund eine halbe Million Kirchenangehörige Augsburger oder helvetischen Bekenntnisses, so ist ihr Anteil bis heute um ein Drittel auf 310.000 Mitglieder zurückgegangen. Jährlich kehren 3000 Gläubige der Kirche den Rücken, 2010 waren es rund 4000.
Allerdings gestaltet sich hier die Ursachenforschung mangels Zölibatdebatte und Vatikankritik viel schwieriger als etwa bei der katholischen Kirche. "Es gibt derzeit einen Traditionsbruch, viele Menschen wissen einfach nicht mehr, warum sie evangelisch sind", bringt es Andreas Lisson, Pastor der Pfarre Gloggnitz-Nasswald in Niederösterreich, auf den Punkt. Wobei viele die Vorschreibung des Kirchenbeitrages zum Anlass nehmen, um ihren Austritt zu erklären. "Die Leute haben die Mentalität, dass sie für die Geldleistung auch etwas erhalten sollten", erklärt der Geistliche. "Leider kann ich aus Zeitgründen keine Besuche machen. Und von allein kommt auch niemand."
Um das Ruder nochmals herumzureißen - mittlerweile hat der Islam den Protestantismus in Österreich als zweitgrößte Religionsgemeinschaft abgelöst -, hat sich nun die Kirchenleitung nach jahrelangem Diskussionsprozess zu strukturellen Reformen entschlossen, die im Rahmen einer Synode im Oktober abgesegnet werden sollen. So soll die Organisation durch die Etablierung eines Vorstandes, des Presbyteriums, gestrafft sowie durch neue Kompetenzen eine Entlastung für das Personal erreicht werden.
Kommt Schwulen-Ehe?
Den Vorwurf mancher Kritiker, dass dadurch die von manchen Kirchenfürsten als "mühsam" empfundene innerkirchliche Demokratie geschwächt werden könnte, lässt Synodalpräsident Peter Krömer gegenüber der "Wiener Zeitung" nicht gelten: "Wir hatten bisher ein System, wo Materien durch mehrere Gremien mussten, mit der neuen Regel geht alles viel schneller."
Um den Schwund bei den Mitgliedern einzudämmen, will Krömer zukünftig mehr Augenmerk auf die Mission legen - und Kirchenferne sowie Randgruppen ansprechen. Die Frage, ob in naher Zukunft Segnungen von homosexuellen Paaren möglich sein werden, wollte er nicht beantworten. "Derzeit läuft eine heftige Debatte. Das geht nicht ohne Zwei-Drittel-Mehrheit."