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Wenn Politiker "keinen Millimeter" zurückweichen wollen, dann ist in der Regel schon viel Porzellan zerschlagen worden. Oder, das passt in Sachen Transitstreit wohl besser: Meinungen einbetoniert worden. Es ist in diesem Fall Tirols Landeshauptmann Günther Platter, der sich nicht bewegen will, der seinerseits aber von Deutschland eben diese Bewegung einfordert, wobei sich die deutschen Politiker ihrerseits auch in Sturheit üben. Immerhin konnte man sich beim Maut-Gipfel auf einen recht allgemeinen 10-Punkte-Plan einigen, das verschafft Entspannung. Doch wie die Konfliktparteien langfristig einen gemeinsamen Weg finden wollen, ist noch nicht ganz klar.
Das Problem an den hochrangigen Straßen Tirol ist in seinem Grundsatz recht rasch erklärt: zu viel Verkehr. Und er wird immer mehr. Und auch wenn es sich in den vergangenen Wochen zugespitzt hat, ist das Thema beileibe kein neues. Schon in den 1980er Jahren hatte sich deshalb ja der Transitwiderstand formiert, und es war auch zu ersten Besetzungen der Autobahn gekommen. Damals war Österreich noch kein Mitglied der EU und Schengen eine völlig unbekannte kleine Gemeinde in Luxemburg.
Natürlich ist es seither nicht weniger Verkehr geworden. Die Menschen sind noch mehr motorisiert als damals, sie sind noch mobiler geworden, und Selbiges gilt auch für den Güterverkehr. Und eine Trendwende ist hier nicht absehbar, wenn man allein die Wachstumsraten im Online-Handel betrachtet, die im zweistelligen Bereich liegen. Wobei es dort ja üblich ist, Unpassendes gleich wieder retourzuschicken. Also noch mehr Verkehr.
Unstrittig ist, dass die Belastung der Tiroler Bevölkerung groß ist. Es ist die Lautstärke, die sich im engen Inntal die Berge hochdröhnt, der Schmutz, die schlechte Luft sowie der Stau.
Aber freie Fahrt für freie Urlauber ist den Bayern halt lieber, dort ist die Bedürfnislage der Bürgerinnen und Bürger, also der Wählerschaft, eben anderes gelagert.
Dass eine Lösung in diesem Jahrzehnte dauerenden Konflikt zwischen drei Ländern (plus einem Freistaat) nur schwierig zu finden sein wird, ist klar. Aber was heißt denn das für andere länderübergreifende Streitthemen? Wie sollen sich denn 27 Mitgliedsstaaten der EU etwa auf eine Verteilung von Flüchtlingen einigen? Auch dort sind es ja nur wenige Länder, die mit dem ursächlichen Problem konfrontiert sind. So viele Außengrenzen hat die EU eben nicht.
Dass die Tiroler Politik nun ausgerechnet zu jenen Mitteln greift, die früher Transitgegner angewandt haben, nämlich Straßensperren, offenbart schon auch die Ratlosigkeit in dieser Frage. Und es erinnert ein wenig an das legendäre "Türl mit Seitenteilen". Auch das: ein Symbol gescheiterter multilateraler Politik.