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Der ewige Präsident

Von Klaus Huhold

Politik

Die Wahlen im Sudan stellen keine Gefahr für Herrscher Bashir dar. Dass um ihn herum immer mehr Staaten zerfallen, schadet ihm auch nicht.


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Khartum/Wien. Diese Konkurrenz müssen die Machthaber im Sudan nicht fürchten. Bei den Präsidenten- und Parlamentswahlen, die am Montag stattfinden, sind die meisten Kandidaten, die nicht der regierenden Nationalen Kongresspartei (NCP) angehören, dem Großteil der Wähler unbekannt. Ihre Parteien spielten bisher keine Rolle oder die Bewerber treten als Unabhängige an.

Denn die maßgeblichen Oppositionsparteien boykottieren den Urnengang. Ihrer Meinung nach ermöglicht die Regierung keinen fairen Wettkampf, weshalb die Sieger ohnehin schon feststehen - die NPC und Präsident Omar al-Bashir, der sich 1989 an die Macht geputscht hat und seitdem nicht mehr von ihr lassen will.

Bevor sie an Wahlen teilnimmt, verlangt die Opposition grundsätzliche Änderungen: dass eine Übergangsregierung einberufen wird, die eine neue Verfassung ausarbeitet. Doch Bashir denkt nicht daran - und deshalb können dem Machthaber, der aus dem Militär stammt, Wahlen derzeit auch nichts anhaben.

Trotzdem ist fraglich, wie fest der 71-Jährige und sein islamistisch geprägtes Regime im Sattel sitzen. Rebellengruppen setzen der Staatsmacht im Sudan zu. Nicht nur in der chronischen Krisenregion Darfur kommt es zu Kämpfen, auch im Süden des Landes proben bewaffnete Verbände immer wieder den Aufstand.

Das Regime nimmt bei der Bekämpfung der Rebellionen oft keinerlei Rücksicht auf die Zivilbevölkerung - was Bashir im Zusammenhang mit der Darfur-Krise einen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofes wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit einbrachte. Der Sudan ist ein vom Westen sanktionierter Paria-Staat, der von vielen Geschäften mit den USA und der EU abgeschnitten ist. "Der Sudan ist ein Land, das zu kollabieren droht", sagt ein westlicher Diplomat. "Aber niemand weiß, wie lange es dauert, bis er zusammenbricht." Eine Sichtweise, die von sudanesischen Vertretern heftig in Abrede gestellt wird. Schließlich mache das Land nun viele Geschäfte mit China - tatsächlich füllt Peking die Lücke in dem Wüsten-und Ölstaat, die der Westen hinterlässt.

Jedenfalls besteht derzeit nirgendwo Interesse an einem Zusammenbruch des Sudan. Denn die Region steht ohnehin schon in Flammen. Im Südsudan, der erst vor vier Jahren unabhängig wurde, herrscht Bürgerkrieg, ebenso in Somalia und Libyen. Dieser großflächige Zerfall von Staaten ist der ideale Boden für Schmugglerbanden, etwa im Waffen- und Drogengeschäft, und islamistische Terrorgruppen.

Sollte jetzt auch noch der ohnehin schon instabile Sudan mit seinen rund 35 Millionen Einwohnern auseinanderbrechen und im Chaos versinken, dann würde Ostafrika in einen noch größeren Abwärtsstrudel geraten. Deshalb denken manche westliche Diplomaten nun darüber nach, den Sudan nicht mehr so stark zu isolieren. So könnten sich für Bashir plötzlich Türen öffnen, die ihm lange verschlossen waren.