Zum Hauptinhalt springen

Der "exzellente" Staatshaushalt von 2017

Von Martina Madner

Politik

Die Statistik Austria präsentiert die Einnahmen und Ausgaben des Staates: Defizit und Schulden gingen 2017 zurück.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Es sind frohe Botschaften, die Konrad Pesendorfer, Generaldirektor der Statistik Austria, bei der Präsentation der öffentlichen Finanzen von 2017 zu verkünden hat: "Es ist ein durchaus exzellentes Ergebnis."

Das Defizit betrug 0,7 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP), "das niedrigste seit 2001", sagt Pesendorfer. "Damals wurde zwar ein Nulldefizit angepeilt, tatsächlich waren es aber minus 0,7 Prozent." Es war Karl-Heinz Grasser als Finanzminister von Schwarz-Blau I, der damals ein Nulldefizit versprochen hatte, was der tatsächliche Budgetsaldo dann allerdings doch nicht hergab. Noch 2016 lag das Defizit bei 1,6 Prozent des BIP. Auch die Schuldenquote ging 2017 um fünf Prozentpunkte auf 78,6 Prozent zurück. Ohne das Bankenpaket läge sie sogar bei 74,3 Prozent.

"Es ist eine ausgezeichnete Eröffnungsbilanz für die Regierung", sagt Pesendorfer. Das von Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) angekündigte Nulldefizit also ein Selbstläufer? So weit will der Statistiker nun doch nicht gehen: "Die Voraussetzungen sind gut, die Bemühungen im Budget auch sichtbar - tatsächlich sagen kann man das aber erst bei der Präsentation der öffentlichen Finanzen im Jahr danach."

Einen Überschuss, nicht nur ein Nulldefizit, habe es übrigens das letzte Mal 1974 gegeben - und zwar plus 1,3 Prozent des damaligen BIP. Dafür rühmen konnte sich allerdings nicht der Bund, sondern die Bundesländer, denen damals deutlich mehr Geld übrig blieb. Mit dem in der Budgetrede von Löger erwähnten Budgetüberschuss von 1954 ist übrigens jener des Bundes gemeint - der Staatshaushalt umfasst aber auch Ausgaben und Einnahmen der Bundesländer, Gemeinden und Sozialversicherungsträger.

Gute Konjunktur sorgtefür weniger Defizit

Worauf ist das "exzellente" Ergebnis nun zurückzuführen? "Durchaus auf die gute Konjunktur", sagt Pesendorfer. Da die Wirtschaftsleistung des Landes, das BIP, von 353,3 Milliarden im Jahr 2016 auf 369,2 Milliarden Euro um 4,5 Prozent gewachsen ist, erscheinen Defizit und Schulden in Prozent daran gemessen geringer.

Beides ist aber auch absolut gesunken: Das Defizit war 2017 mit 2,6 Milliarden Euro um drei Milliarden Euro geringer als noch im Jahr davor. Und auch der Schuldenstand ging im Vergleich zu 2016 im vergangenen Jahr um 4,9 Milliarden Euro auf 290,3 Milliarden Euro zurück.

Als zweiten Faktor nennt der Statistiker die niedrigeren Zinszahlungen. Diese machten 2016 noch bei 7,4 Milliarden Euro aus, im vergangenen Jahr aber 6,8 Milliarden. Aber auch das Bemühen der vergangenen Regierung, Ausgaben zu senken, zeigt sich im Ergebnis von 2017 in kleinem Ausmaß: "Bei der Arbeitslosenversicherung wurde weniger ausgegeben, und die Kosten in der Verwaltung blieben annähernd gleich."

Soziales, Gesundheit und Verwaltung als Kostenfaktoren

Tatsächlich sind die Staatsausgaben 2017 weniger stark angestiegen als die Einnahmen. Sie waren mit insgesamt 181,2 Milliarden Euro um 1,3 Prozent oder 2,3 Milliarden Euro höher als im Jahr davor. Im Vergleich zum deutlicher angewachsenen BIP ist die Ausgabenquote sogar von 50,6 auf 49,1 Prozent zurückgegangen.

Wie schon im Jahr davor zeigt sich, dass Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungsträger mit 76 Milliarden Euro am meisten für die soziale Absicherung der Bevölkerung ausgegeben haben. Der größte Posten in diesem Bereich waren wieder die Pensionen: Sie kosteten im vergangenen Jahr 46,2 Milliarden - um 894 Millionen bzw. zwei Prozent mehr als im Jahr davor. Arbeitslosengeld und Notstandshilfe dagegen mit 4,8 Milliarden um 119 Millionen Euro weniger als im Jahr davor.

Das zweitgrößte Ausgabenfeld des Staates ist das Gesundheitswesen mit 29,8 Milliarden Euro. Auch hier stiegen die Ausgaben um 3,2 Prozent. Der größte Kostenfaktor in diesem Bereich ist mit 16,6 Milliarden Euro der stationäre Bereich, also die Krankenhäuser.

An dritter Stelle folgt die Verwaltung mit 22,6 Milliarden Euro an Ausgaben im vergangenen Jahr. Das waren um 3,1 Prozent weniger als 2016. Dazu zählen allerdings auch die Grundlagenforschung, für die der Staat 1,9 Milliarden ausgab, die Wirtschaftshilfe für das Ausland mit 683 Millionen Euro. Auch die Staatsschuldentransaktionen, die sich mit Zinszahlungen und zusätzlich unterstellter Bankgebühr mit insgesamt 7,4 Milliarden Euro zu Buche schlagen, werden in diesem Bereich angeführt.

Kalte Progression hätte149 Millionen Euro gekostet

Auch die Staatseinnahmen stiegen 2017 mit insgesamt 178,6 Milliarden Euro gegenüber dem Jahr davor um 5,3 Milliarden Euro oder 3,1 Prozent an. Der überwiegende Anteil von 87,4 Prozent stammt aus Steuern und Sozialbeiträgen, die 2017 in Summe 156,2 Milliarden Euro betrugen.

Besonders viel Geld brachte dem Staat 2017 mit 28,3 Milliarden Euro die Mehrwertsteuer, und zwar um eine Milliarde Euro mehr als im Jahr davor. An Mineralölsteuern wurden übrigens 4,6 Milliarden Euro und an Tabaksteuer 1,9 Milliarden Euro bezahlt. Insgesamt machten Steuern auf Güter 40,6 Milliarden Euro aus.

Weitere 22,5 Milliarden Euro brachten 2017 die sonstigen Abgaben. Hierzu zählen zum Beispiel Produktionserträge wie ÖBB-Ticketverkäufe, Gebühren etwa für einen neuen Pass, aber auch die Mieteinnahmen der Bundesimmobiliengesellschaft oder Haftungsentgelte.

Einkommen- und Vermögenssteuern machten insgesamt 48,1 Milliarden Euro aus. Dazu zählen neben der veranlagten Einkommenssteuer (4,7 Milliarden Euro) auch die Kapitalertragssteuer (1,3 Milliarden) oder die Körperschaftssteuern (9,4 Milliarden).

Mit nur 3,2 Milliarden Euro tragen Vermögenssteuern einen verschwindend kleinen Beitrag zum Staatshaushalt bei. Die Lohnsteuereinnahmen können sich mit 26,4 Milliarden Euro im Jahr 2017 dagegen durchaus sehen lassen. Sie stiegen vor allem wegen der besseren Konjunktur um vier Prozent gegenüber dem Jahr davor an.

Übrigens: Hätte man die Kalte Progression (also das Raufrutschen in höhere Steuertarifstufen durch Lohnerhöhungen) 2017 bereits abschafft und ein Steuersystem nach dem Schweizer Modell (bei dem grob gesagt eine automatische Erhöhung der Steuertarifgrenzen um die Inflation passiert) eingeführt, wären dem Staat laut Studie des Budgetdienstes 149 Millionen Euro entgangen. Innerhalb von drei Jahren, also 2017 bis 2019, hätte sich das allerdings auf zwei Milliarden Euro summiert.