Ob die Aussage des entlassenen FBI-Chefs James Comey juristische Folgen für Präsident Trump haben wird, ist weiterhin offen.
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Washington. Vielleicht kann bis heute niemand Donald Trump so gut erklären wie der erste prominente Republikaner, der sich im Wahlkampf hinter ihn stellte. Laut Chris Christie stellten die jetzt bekannt gewordenen Gespräche zwischen dem US-Präsidenten und Ex-FBI-Direktor James Comey "ganz normale New Yorker Unterhaltungen" dar; so redeten die Leute im Big Apple halt und "weil Trump eben kein klassischer Politiker ist", sei ihm halt nicht klar gewesen, dass seine Worte in der Hauptstadt anders interpretiert würden als daheim. Davon abgesehen, dass Christie der scheidende Gouverneur des ländlich geprägten New Jersey ist, wo sich die Leute schon immer so einiges vorstellen, wie "New Yorker Gespräche" angeblich ablaufen, stellte sich spätestens am Donnerstagvormittag Ortzeit Washington heraus, dass dem Präsidenten so einiges nicht ganz klar sein dürfte in Sachen amerikanisches Regierungssystem. Allem voran, was die prinzipielle Trennung zwischen Legislative, Judikative und Exekutive angeht.
Um Punkt zehn Uhr trat Comey (Foto rechts) vor den Senatsausschuss für Geheimdienstfragen (Senate Intelligence Committee) und stellte sich den Fragen seiner Mitglieder. Sein Eingangsstatement hatte es insofern in sich, als der 56-Jährige der Trump-Administration vorwarf, seit seiner Entlassung Unwahrheiten über die Gründe für nämliche zu verbreiten, was nicht nur ihn "verwirre".
Comeys Antworten auf die Fragen der Senatoren hielten sich indes weitgehend innerhalb der Grenzen dessen, was bereits am Mittwochnachmittag bekannt geworden war und das war nicht wenig. Was sich aus seinen Aussagen ergab, war das relativ komplette Bild eines Präsidenten, der mit den Gepflogenheiten des Rechtsstaats offenbar kaum vertraut ist und entsprechend glaubte, sich durch die Vermittlung eines Gefühls der "Patronage" Comeys Kooperation zu sichern: Einladungen zu gemeinsamen Abendessen und Gesprächen unter vier Augen, ständige Versicherungen, dass der FBI-Chef einen "großartigen Job mache" gepaart mit Suggestionen, dass er, Trump, und niemand anderer über sein berufliches Schicksal entscheide inklusive. Zuckerbrot und Peitsche quasi - das freilich auf einem derart erbärmlichen Niveau, dass Trump am Ende mangels Erfolgs seiner Strategie keine andere Möglichkeit mehr sah, als Comey zu entlassen und ihn nachher einen "verrückten Irren" zu nennen.
Medienberichten zufolge hatte der 2013 von Barack Obama zum FBI-Chef ernannte Jurist darauf bestanden, seine Gedächtnisprotokolle, in denen er Zeugnis von seinen Treffen mit Trump gab, bereits im Vorfeld des Hearings in Umlauf zu bringen, um den Senatoren die Gelegenheit zu geben, detaillierte Fragen zu stellen. Laut dem von Trump "wegen der Russland-Ermittlungen" entlassenen Comey habe er sofort nach ihrem ersten Treffen im Trump Tower begonnen, diese Protokolle ("Memos") anzufertigen und sie mit seinem engsten Mitarbeiterkreis zu teilen. Sein "Bauchgefühl" habe ihm gesagt, dass das angesichts von Trumps Charakter und der Natur ihrer Gespräche das richtige sei: "Ich wollte sicher gehen, dass es ihm (Trump) zu einem späteren Zeitpunkt nicht möglich ist, eine andere Geschichte zu erzählen."
Was sich im Rahmen dieser Gespräche unter anderem so alles abspielte: Eine Forderung Trumps, dass sich Comey ihm gegenüber "loyal" verhalte; der Ausdruck seiner Hoffnung, dass Comey die Ermittlungen gegen seinen ehemaligen nationalen Sicherheitsberater Mike Flynn einstellen würde; und die Bitte, die "Wolke", die die FBI-Untersuchung der Kontakte von Trumps Wahlkampfteam mit Russland darstelle, mit einem öffentlichen Verweis Comeys auszuräumen, dass Trump persönlich nicht Ziel dieser sei. Wie Comey aussagte, sei er "schlicht fassungslos" darüber gewesen, sich in derartigen Situationen wiederzufinden. Kritik der den Präsidenten mal subtil (Richard Burr), mal extrem plump und konfus (John McCain) verteidigenden konservativen Mitglieder des Ausschusses entgegnete er mit einem Eingeständnis: "Vielleicht hätte ein stärkerer Mann anders gehandelt als ich. Ich habe mich benommen, wie ich mich benommen habe." Im übrigen hoffe er, dass Trump tatsächlich Tonbänder von ihren Unterhaltungen besitze. Mit deren Veröffentlichung hatte ihm der Präsident vor ein paar Wochen per Twitter gedroht. Comey: "Gottchen, ich hoffe, dass es sie gibt."
Die Frage, ob das jetzt alles dem Vorwurf der Justizbehinderung gleichkommt, liege indes nicht an ihm zu beurteilen. Was das mittlerweile legendäre Dossier des ehemaligen MI-6-Agenten Christopher Steele angehe, entschlug sich Comey jeder Aussage mit der Begründung, dass er dessen Inhalte nur hinter verschlossenen Türen diskutieren könne.
Donald Trump selbst hielt sich trotz gegenteilig lautender Berichte im Vorfeld mit der Live-Kommentierung des Hearings per Twitter zurück - auf Anraten seiner Anwälte, die ihn davor gewarnt hatten, sich damit noch tiefer in seine bestehenden Probleme hineinzureiten. In einer ersten Reaktion auf Comeys Aussagen verlautete das Weiße Haus, "dass Trump kein Lügner ist."
Trumps persönlicher Anwalt Marc Kasowitz schickte nach, dass sich sein Klient "komplett und total bestätigt fühle" und bezichtigte Comey des Meineids, als Trump "nie Loyalität von ihm eingefordert habe." Paul Ryan, der Sprecher des Abgeordnetenhauses, verteidigte Trump mit den Worten, dass dieser, was den korrekten Umgang mit Mitgliedern der Exekutive angehe, ein Neuling sei.
Fast unter ging bei all dem, dass es mittlerweile einen Nach-Nachfolger Comeys gibt. Auf Andrew McCabe, der die Amtsgeschäfte nach Comeys Ablöse interimistisch führte, folgt Christopher Wray. Der 50-jährige Jurist arbeitete einst als stellvertretender Bundesstaatsanwalt in der Administration von George W. Bush. Nach seinem Ausscheiden aus der Politik verbrachte er seine Zeit bei der Kanzlei King & Spalding vor allem damit, transnational agierende Konzerne vor Gericht zu verteidigen. Zu King & Spaldings Kunden zählen unter anderem die russischen Energie-Giganten Rosneft und Gazprom.