Die Fusion Fiat-Chrysler schürt erneut die Sorgen um den Standort Italien.
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Turin. John Elkann trägt für seine 37 Jahre ziemlich viel Verantwortung. Der Spross des Turiner Agnelli-Clans ist seit vier Jahren Präsident des italienischen Autoherstellers Fiat, der seit Jahresbeginn zusammen mit Chrysler den siebtgrößten Autokonzern der Welt bildet.
Fiat Chrysler Automobiles (FCA) heißt der neue Konzern und Elkann versucht sich jetzt als Blitzableiter für die Sorgen, die mit dem Zusammenschluss vor allem in Italien geschürt werden. FCA hat angekündigt, seinen Rechtssitz in die Niederlande und seinen steuerlichen Sitz nach Großbritannien zu verlegen.
Genau so übrigens, wie es Konzernchef Sergio Marchionne (61), studierter Steuer-Anwalt, schon in den vergangenen beiden Jahren mit der abgespaltenen Lkw- und Traktorensparte Fiats vorexerzierte: Fusion mit der US-Tochter CNH (Case New Holland) zum drittgrößten Investitionsgüterkonzern der Welt, Börsenotiz hauptsächlich in New York, Rechtssitz in den Niederlanden, steuerlicher Sitz in Großbritannien.
Jetzt also auch die Autosparte - da bleibt nach 115 Jahren nicht mehr viel übrig für das Stammland Italien, behaupten die Kritiker und reden von "Kulturschock". Elkann will beruhigen. Schon bisher habe das Unternehmen seine Standbeine auf vier verschiedenen Kontinenten. "Mein Büro bleibt in Turin", versichert Elkann via "La Stampa" - die Zeitung wird auch von den Agnellis kontrolliert. Und Marchionne, der den schrittweisen Zusammenschluss von Fiat und Chrysler bewerkstelligte, lebe sowieso im Flugzeug. Die Allianz sei die Rettung des Konzerns.
"Absolut zweitrangig" sei die Frage des Firmensitzes, meinte auch Ministerpräsident Enrico Letta, dem Elkann und Marchionne die neue Unternehmensstruktur illustrierten, bevor sie öffentlich bekannt wurde. Entscheidend sei, wie viele Arbeitsplätze Fiat Chrysler Automobiles in Italien schaffe und wie viele Autos der Konzern verkaufe.
Marchionne hatte zuletzt angekündigt, dass in Italien in Zukunft vor allem die zu Fiat gehörenden Premium-Marken Maserati und Alfa Romeo entworfen und gebaut werden sollen. Und meldet dabei auch erste Erfolge: Die Luxus-Tochter Maserati habe 2013 in der neuen Fabrik nahe Turin um 150 Prozent mehr Autos als im Jahr davor gebaut - immerhin mehr als 15.000 Stück. Der Umsatz stieg um 120 Prozent auf 1,65 Milliarden Euro, der Ertrag stieg auf 171 Millionen Euro - eine für die Branche sehr stolze Umsatzrendite von mehr als 10 Prozent. Und 2014 werde es in dieser Tonart weitergehen.
Wie hoch insgesamt die Investitionen in Italien sein werden, gibt FCA erst im Mai bekannt. Schon früher hatte Fiat Investitionsversprechen mehrmals wieder zurück genommen.
Gut ein Drittel der etwa 31.000 Fiat-Arbeiter in Italien sind beurlaubt oder auf staatlich unterstützter Kurzarbeit, die fünf italienischen Fabriken waren zuletzt zu weniger als 50 Prozent ausgelastet, gerade noch sieben Prozent des Gesamtumsatzes machte Fiat 2013 in Italien. Die Fiat-Kleinwagen werden schon seit Jahren überwiegend in Polen, Serbien und Südamerika gebaut.