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Der Fingerabdruck von Leben im All

Von Eva Stanzl

Wissen
"Wir können nur Spuren suchen , die wir kennen", sagt Astronomin Lisa Kaltenegger.
© Elisabeth Schuh

Ab 2018 wollen Forscher Spuren von außerirdischem Leben nachweisen können.


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Wien. Sind wir alleine? Eine Hoffnung der Menschheit ist, dass wir es nicht sind. Beweise stehen jedoch aus, denn die Suche nach bewohnbaren Planeten in den Weiten des Universums ähnelt jener einer Stecknadel im Heuhaufen. "Wenn es aber Leben im All gibt, werden wir Spuren davon schon in wenigen Jahren erstmals messen können", sagt Lisa Kaltenegger vom Max-Planck-Institut für Astronomie und dem Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics.

Die in Österreich geborene Expertin für die Charakterisierung extrasolarer Planeten erhielt jüngst den Forschungspreis der privaten Simons-Stiftung von einer Million Dollar zur Erkundung potenziell lebensfreundlicher Bedingungen auf anderen Planeten. Bei den am Donnerstag beginnenden Technologiegesprächen in Alpbach wird sie zum Thema "Wir im Universum" diskutieren.

Keine Definition von Leben

Doch wonach können wir suchen? "Es gibt keine allgemeingültige Definition, was denn Leben sei. Es gibt nur Elemente, die eine solche Definition enthalten würde - wie Metabolismus, Reproduktion oder Darwin’sche Entwicklung", sagt Tilman Spohn, Direktor des Instituts für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, der Teil der Expertenrunde in Alpbach ist: "Es ist daher denkbar, dass es andere Lebensformen gibt, von denen wir heute keine gute Vorstellung haben." Andererseits gebe es gute Gründe, zu vermuten, dass Leben, wie wir es kennen, doch typisch sei. Denn Wasser und Kohlenstoff, die chemische Basis unserer Lebensformen, haben besondere Eigenschaften: Kohlenstoff kann wunderbare, vielfältige chemische Ketten bilden und ist die Grundlage der organischen Chemie. In ähnlicher Weise ist Wasser ein besonders geeignetes Lösungsmittel. "Aus diesem Grund ist es wahrscheinlich berechtigt, dass wir Wasser und Kohlenstoff als Indikator für Belebbarkeit ansehen", erklärt Spohn.

"Es könnte anderes Leben geben - elektronische Schaltkreise oder Leben, das andere Chemikalien bildet. Aber Wasserstoff und Kohlenstoff sind überall im Universum. Die Frage wäre also, was passieren müsste, damit Leben reichlich Vorhandenes nicht verwendet und sich auf etwas anderes spezialisiert", sagt Kaltenegger, und: "Wir können eben nur Spuren suchen, die wir kennen." Die Astronomin sucht nach diesen "Fingerabdrücken von Leben" in den Atmosphären anderer Planeten. Genauer gesagt sucht sie nach jenen Gasen, die Lebewesen wie auf der Erde ein- und ausatmen würden. Dazu zählen Wasserdampf, Sauerstoff und ein Gas, das mit Sauerstoff reagiert, wie Methan. "Das reduzierende Gas benötigen wir, damit wir wissen, dass Sauerstoff laufend gebraucht wird. Und da die Gase, die ein Ozean erzeugt, leicht in die Atmosphäre aufsteigen, ist Wasserdampf ein Indiz für flüssiges Wasser."

Gefunden hat man allerdings noch nichts. Atmosphärische Messungen werden derzeit an Gasplaneten in unserem Sonnensystem geübt, wie Jupiter. Er hat eine große, dicke Atmosphäre, die sich leichter analysieren lässt als jene von kleinen Felsplaneten, die wie die Erde einen Radius von nur 6371 Kilometer und kleinere Atmosphären haben.

Zudem stellt die Technik den Forschern immer wieder das Bein. So musste die US-Weltraumbehörde Nasa ihre "Kepler"-Mission aufgrund von technischen Problemen einstellen (siehe Artikel unten). Dabei hatte das "Kepler"-Teleskop jüngst ein Sonnensystem mit einem Planeten entdeckt, der in einem Abstand um seinen Stern kreist, der Leben ermöglicht.

Das Falt-Teleskop

"Kepler" maß periodische Verdunkelungen vor weit entfernten Sternen. "Das musste so sein, weil helle, nahe Sterne die Sicht verderben würden. Also schaute Kepler in einem Gebiet des Universums, in dem rund 150.000 Sterne in bis zu 1000 Lichtjahren Entfernung etwa gleich alt und gleich hell sind. Periodische Verdunkelungen vor ihnen weisen auf Planeten hin", so Kaltenegger. Die Entfernung sei allerdings ein Problem für das Lesen von Atmosphären, die man dann kaum sieht. Ob es sich bei den fernen Himmelskörpern tatsächlich um "Super-Erden" handelt, ist somit kaum nachweisbar.

Ein derzeit im Bau befindliches NASA-Teleskop, TESS, soll daher ab 2017 ins All fliegen, um helle, nahe Sterne in unserer universellen Umgebung nach periodischen Sternverdunkelungen abzusuchen. An diesem Punkt kommen dann auch James Webb und das European Extremely Large Telescope (E-ELT) ins Spiel. "Das werden die ersten Teleskope sein, mit denen wir Spuren von Leben wie auf der Erde in unserer planetarischen Nähe nachweisen können", stellt Kaltenegger in Aussicht.

Die neuen Teleskope sollen die Atmosphären möglicher Super-Erden vermessen. Sie sind größer als derzeitige Geräte und können mehr Licht einfangen und äußerst lichtschwache Himmelskörper ausmachen. Planeten, die ja nur das Licht ihres Sterns reflektieren, werden somit leichter erkannt. Das in Chile stationierte E-ELT hat 40 Meter Durchmesser. James Webb ist mit einem Durchmesser von 6,5 Meter ein Falt-Teleskop, das von einem Punkt zwischen Mond und Erde aus den Himmel betrachten wird.

Die Super-Fernrohre sollen 2022 und 2018 ihre Arbeit aufnehmen. Ob gefundene Spuren aber tatsächlich von ganzen Lebenssystemen herrühren, wird selbst dann völlig offen sein. "Es gibt sehr viele Planeten. Aber es muss nicht sein, dass Leben dort zur gleichen Zeit wie auf der Erde entsteht und dass die gleichen Komponenten zu Leben führen wie bei uns", sagt Kaltenegger. Um das zu überprüfen, müsste man wohl hinfahren. Und dann ist noch nicht sicher, ob außerirdische Lebewesen nett sind - wenigstens so nett wie wir ...