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Eine gewisse Erleichterung ist Maria Smahel anzusehen, wenn es um die Neuregelung des Frühwarnsystems an Österreichs Schulen geht. Die Geschäftsführerin des österreichischen Dachverbands der Elternvereine an öffentlichen Pflichtschulen hat "seit 2000 viel mit Landesschulräten herumtelefoniert, was sie machen, um die Zahl der Nicht Genügend zu minimieren, aber viel Resonanz war nicht da." Das soll nun anders werden.
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Das 1996 an Österreichs Schulen eingeführte Frühwarnsystem (gültig ab der 5. Schulstufe) verpflichtete die Lehrer zu einem Gespräch mit den Eltern des Kindes, dem ein Nicht Genügend im Zeugnis drohte - jedoch erst im zweiten Semester, für Smahel viel zu spät. "Ein paar Wochen vor der letzten Konferenz kann sich keiner mehr verbessern, da kann er noch so viel lernen." Mit 1. Jänner dieses Jahres hat sich auf Drängen der Elternvertreter die (gesetzliche) Sachlage geändert: Das Frühwarnsystem wird nunmehr in das erste Semester vorverlegt.
Voraussetzung sei aber natürlich, dass alle Beteiligten dieses Gespräch ernst nähmen, weiß Smahel. So zeigt eine Statistik der Lehrergewerkschaft, dass rund 50 Prozent der Eltern nicht auf die Einladung zum Frühwarngespräch reagieren. Für Smahel nicht weiter verwunderlich, da die Sprechstunden zumeist am Vormittag angesetzt sind. "In unserer heutigen Gesellschaft sind oft beide Eltern berufstätig. Der Dienstgeber wird natürlich keine Freude haben, wenn die Verkäuferin für eine Stunde den Arbeitsplatz verlässt." Sprechstunden müssten eventuell auch am Abend stattfinden, fordert Smahel. Können die Eltern - aus welchen Gründen auch immer - trotzdem nicht kommen, sieht die Neuregelung aber ein verpflichtendes Gespräch mit den Schülern vor.
Kein Gespräch - kein Nicht Genügend?
Sollte der Fall eintreten, dass Lehrer es verabsäumen, Eltern und Schüler zu einem Frühwarngespräch einzuladen, drohen den Pädagogen hierbei keine Sanktionen, außer sie handeln grob fahrlässig, was ein Disziplinarverfahren zur Folge haben könnte.
Smahel räumt ein, dass "das wohl selten passieren wird" und stellt gleichzeitig klar, dass die Elternvertretung Lehrer nicht für etwaige Versäumnisse bestrafen will. Vielmehr vertritt man den Standpunkt, dass, wenn ein Frühwarngespräch nicht stattgefunden hat, auch die negative Beurteilung ausbleiben muss - eine Forderung, die auch von Bundesschulsprecherin Selma Schmid unterstützt, aber von der Lehrervertretung blockiert wird.
Gerhard Riegler, Vorsitzender der Österreichischen Professoren-Union, begründet die Ablehnung mit einer zu starken Verrechtlichung: "Lehrerinnen und Lehrer sähen sich gezwungen, sich beim geringsten Zweifel durch ein Frühwarngespräch abzusichern. Das würde zu einer entsprechend großen Anzahl solcher Ladungen führen. Im Mittelpunkt sollte in der Schule aber immer Pädagogik stehen."
Förderunterricht statt Nachhilfe
Weit unglücklicher ist Smahel jedoch darüber, dass ein verpflichtender Förderunterricht für frühgewarnte Schüler noch immer nicht gesetzlich verankert ist. Viel zu oft müssten Eltern für private Nachhilfe in die Tasche greifen, und das nicht zu knapp. "Die Kosten für Nachhilfe sind explodiert. Manche Eltern können sich das gar nicht leisten." An den Schulen werde Förderunterricht aber derzeit oft gar nicht angeboten oder von den Schülern nicht besucht, so Smahel. Für die Mutter dreier Kinder unverständlich, schließlich müsse die Schule ihrem Bildungsauftrag nachkommen, denn "jeder hat das Recht, die Bildung zu bekommen, die ihm zugesagt wird."
Keine Schuldzuweisungen
Was das Frühwarngespräch selbst anbelangt, so gibt es hierfür einen vom Schulpsychologen Franz Sedlak gestalteten Leitfaden, der auch online herunter geladen werden kann (http://www.schulpsychologie.at ), in dem keinesfalls nur die Schwächen der Schüler zum Thema gemacht werden sollen, betont Smehal. "Das Gespräch soll den Schülern ja keine Angst machen, Schuldzuweisungen helfen auch nicht weiter." Im Gegenteil: Wichtig sei es, die Stärken der Schüler mit einzubeziehen. "Warum ein Nicht Genügend droht, kann schließlich die verschiedensten Ursachen haben."