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Der Fluch der bösen Tat

Von Reinhard Göweil

Politik

Die rechtlich wacklige ASVG-Änderung wegen der Übertragung von 3100 Bank-Austria-Pensionen brachte der Regierung politisches Kleingeld. Doch nun drohen der öffentlichen Hand daraus von anderer Seite erhebliche Kosten.


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Wien. Die Aufregung war beträchtlich, als die italienische Großbank Unicredit im Vorjahr ankündigte, die Bank Austria zu zerschlagen. Es folgten harte Verhandlungen, an deren Ende eine Sanierung des weniger ertragreichen Privatkundengeschäftes stand. Teil des Deals: Zwischen 3100 und 3300 Bank-Mitarbeiter, quasi "Sparkassen-Beamte", sollten vom üppigen Pensionsschema eines öffentlichen Bediensteten ins normale Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) wechseln und so die Bank-Bilanz von massiven Rückstellungen befreien.

Ziemlich eilige Reparatur des Paragraphen 311 ASVG

Möglich macht dies Paragraph 311 ASVG. Dort steht dafür seit 1957, "der Überweisungsbetrag beträgt für jeden Monat eines pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnisses 7 Prozent der Berechnungsgrundlage".

Die politische Aufregung Ende Jänner war beträchtlich, das sei viel zu wenig, wieder würde eine Bank Belastungen dem Steuerzahler überantworten. Im Februar sagte Sozialminister Alois Stöger, dass der Bank-Austria-Plan so nicht möglich sei. In aller Eile wurde eine ASVG-Gesetzesnovelle durchgepeitscht, in der dieser Übertragungssatz auf die heute üblichen 22,8 Prozent erhöht wurde. Die Bank Austria müsste demnach etwa 730 Millionen Euro an die Pensionsversicherung überweisen. Das rückwirkend geltende Gesetz ist im Parlament beschlossen, doch nach wie vor nicht in Kraft.

Hier ist ein Satz des emeritierten Finanzrechtlers Werner Doralt angebracht, der in seinen Uni-Vorlesungen angehenden Juristen gerne erklärte, dass "Gesetze, die rückwirkend beschlossen werden, zu 90 Prozent eine Schweinerei sind".

Länder und Bund nutzten die Möglichkeit auch

Probleme bereitet diese ASVG-Novelle in jedem Fall. Denn es hat sich herausgestellt, dass nicht nur die Bank Austria diese Übertragung ins ASVG-System genutzt hat. Die FPÖ war es zwar politisch, die Minister Alois Stöger und die gesamte Regierung wegen des vermuteten "Bank-Austria-Geheimdeals" vor sich hertrieb, doch im Parlament steigt sie nun auf die Bremse. FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein forderte im März, dass "alle Profiteure dieses Diskonttarifs vom Sozialministerium aufgerollt werden müssen".

Damit erweitert sich die wegen der Bank Austria gemachte Gesetzesnovelle beträchtlich - und könnte in Bundesländern, aber auch im Bund, zu beträchtlichen Nachzahlungen führen. Denn Gesetze müssen ja für alle gelten, nicht für einzelne Unternehmen.

Im Zuge von Ausgliederungen und Teilprivatisierungen wurden aus "Behörden" selbständige Unternehmen. Das war bei der früheren Postsparkasse so, bei den Bundestheatern, bei seinerzeitigen Gemeinde-Sparkassen - und natürlich bei etlichen Landesbehörden. Sie alle nutzten den Paragraphen 311 ASVG, um aus Beamten Angestellte zu machen. Meist wurde dies begleitet durch Abschlagszahlungen für die betroffenen Mitarbeiter, um deren daraus resultierenden Pensions-Verlust teilweise oder zur Gänze auszugleichen.

Wie viele Beschäftigte insgesamt in den vergangenen Jahren mittels dieses Paragraphen ins ASVG-System gewechselt sind, wird derzeit in der Sozialversicherung erhoben. Eine explizite Statistik darüber gibt es nicht, das Thema wurde durch die Bank Austria und der folgenden politischen Reaktion an die Oberfläche gespült.

Kein PVA-Bescheid, Gesetz formal nicht in Kraft

Am 12. Mai soll im Sozialausschuss des Nationalrats darüber diskutiert werden, bis dahin werden die Zahlen wohl vorliegen.

Abseits der politischen Aufregung um die 3100 Bank-Austria-Mitarbeiter geben Arbeitsrechtler der Bank ganz gute Chancen bei der Auseinandersetzung. Denn die Reparatur des Gesetzes stellt die Bemessungsgrundlage des auf 22,8 Prozent erhöhten Beitrages auf den Letztbezug ab. Wenn Mitarbeiter aber in den Jahren davor deutlich weniger verdient haben, müsste auch die Bemessung niedriger erfolgen. Die Bank Austria jedenfalls hält sich alle rechtlichen Optionen offen. "Wir werden das beschlossene Gesetz prüfen und innerhalb der vorgesehenen Fristen über unsere weitere Vorgangsweise entscheiden", heißt es dazu in einer offiziellen Stellungnahme.

Inoffiziell ist zu hören, dass die Anwälte der Bank das Gesetz sowohl verfassungsrechtlich in Frage stellen als auch einen allfälligen Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) bekämpfen werden. Immerhin geht es um ein paar hundert Millionen. Von der PVA hat die Bank allerdings bis heute keine Stellungnahme erhalten, obwohl die Mitarbeiter seit Anfang März "übertragen" sind.

Und das Gesetz ist eben immer noch nicht in Kraft - was eine Bekämpfung auch formal verunmöglicht. Solange gilt allerdings das bestehende Gesetz.