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Woher soll eigentlich der ganze Strom kommen, den künftig Millionen elektrischer Öko-Fahrzeuge verbrauchen werden?
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Man muss kein fanatischer Anhänger der Öko-Kirche sein, um die Vision einer Welt, in der nur noch elektrisch betriebene Autos unterwegs sind, irgendwie sympathisch zu finden. Mehr Ruhe statt Motorenlärm in den Städten, gute Luft statt Abgaswolken, dezente Steckdosen statt hässlicher Tankstellen - das klingt alles sehr vernünftig und nach echtem Fortschritt. Deshalb denken nun auch immer mehr Staaten daran, Autos mit herkömmlichen Benzin- oder Dieselmotoren mittel- bis langfristig per Gesetz aus dem Verkehr zu ziehen: Großbritannien und möglicherweise auch Frankreich etwa ab 2040, Deutschland möglicherweise ab 2030, Norwegen gar schon ab 2025. Dementsprechend wollen auch alle großen Autohersteller ihr Angebot an E-Autos ausweiten - einer ökologisch korrekten Zukunft des Autofahrens scheint nichts mehr ernsthaft im Weg zu stehen.
Nur eine kleine Frage bleibt dabei noch relativ offen: Woher sollen eigentlich die gewaltigen Mengen Strom kommen, den all diese Millionen von Elektromobilen verbrauchen werden, sind die herkömmlichen Motoren erst einmal verboten?
Der renommierte Wirtschaftspublizist Roland Barazon, Chefredakteur von "Der Volkswirt", hat jüngst versucht, diese Frage zu beantworten, und ist zu einem eher ernüchternden Schluss gekommen: Rechnet man die Stromherstellung redlicherweise mit ins Kalkül der E-Autos, ist "keine tatsächlich effektive Reduktion der Umweltbelastungen" zu erwarten. Denn um den Straßenverkehr weltweit auf Stromer umzustellen, rechnet Barazon vor, braucht man weltweit etwa 450 zusätzliche AKW oder 4000 Flusskraftwerke oder 400 Braunkohlekraftwerke. Allein Deutschland benötigte für diese Umstellung 12 neue Braunkohle- oder 15 Kernkraftwerke. Letzteres ist dank des deutschen Atomausstiegs illusorisch, Ersteres gerade unter ökologischen Gesichtspunkten besonders problematisch.
Die Hoffnung, die gewaltigen zusätzlich benötigten Strommengen ausschließlich oder auch nur weitgehend aus erneuerbaren Energien zu beziehen, ist nett, aber leider wenig realistisch. Selbst mit der jetzt schon imposanten Stromproduktion aus Windenergie könnte gerade die Hälfte des zusätzlich benötigten Stromes hergestellt werden. Und weil ja bekanntlich der Wind nicht immer bläst, müssen entsprechend viele Braunkohlekraftwerke als Reserve bereitgehalten werden. Sonst würde nämlich, kurz nachdem Windstille eingetreten ist, auch der Straßenverkehr zum Stillstand kommen.
Entgegen dem in Österreich weitverbreiteten Volksglauben, wonach Strom einfach aus der Steckdose kommt, wird die Umstellung des Straßenverkehrs auf Stromer daher entweder zusätzliche Kohlekraftwerke oder gar eine Renaissance der Atomkraft zur Folge haben müssen - anders wird sich das nämlich nicht ausgehen. Sich einfach zu wünschen, dass nur Sonne und Wind künftig unsere Autos antreiben werden, wird das Problem leider nicht wirklich lösen. Jenen Politikern, die heute spektakulär das Ende der Verbrennungsmotoren einleiten, kann das freilich egal sein. Den ökologischen Ruhm ernten sie heute, die gravierenden Probleme werden erst sichtbar werden, wenn die meisten von ihnen schon ihre Ruhebezüge genießen.