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Der Fluch der starken Sager

Von Reinhard Göweil

Leitartikel

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Mit der ÖVP werde es keine Steuererhöhungen geben. Mit solch markigen Sprüchen hat die Parteispitze ihre Klientel versorgt. In der Industrie und bei Wirtschaftskammer-Funktionären fiel die Botschaft auf fruchtbaren Boden. Nun hat das ÖVP-Präsidium einstimmig das Konsolidierungspaket gutgeheißen, so wie es vorliegt (ein Sparpaket ist es wohl nicht). Je nach Geschmacksrichtung liegt die Einnahmen-Seite zwischen 30 und 40 Prozent. Die vor allem von Industrie-Seite heftig geforderten Strukturreformen wurden aufgeschoben. Die ÖVP hat politisch ein Problem.

Aber nur, wenn sie sich weiterhin so verhält. Ein Blick nach Deutschland zur CDU würde zeigen, dass eine konservative Partei, die in die Mitte rückt, in der Wählergunst zulegt.

Die SPÖ dagegen hat diese Zeichen der Zeit erkannt. Sie hielt sich mit starken Sagern zurück und kann nun - gemeinsam mit der Gewerkschaft - bei dem geschnürten Paket darauf hinweisen, dass der Mittelstand ziemlich ungeschoren davonkommt. Und dass dafür sie gesorgt hat. Gespart wird im Wesentlichen bei der Sparquote: Großverdiener, die ohnehin nicht so viel Geld ausgeben können, wie sie verdienen - und bei der Sparförderung.

Ökonomisch betrachtet ist dies in den kommenden Jahren der richtige Weg. Die privaten Konsum-Ausgaben müssen unter allen Umständen aufrechterhalten werden, denn über der Exportindustrie hängt ein Fragezeichen. Am Ende des Tages hat dies auch die Volkspartei so gesehen. Eine kluge Entscheidung, auch wenn der sehr konservative Teil ihrer Anhänger damit unzufrieden sein wird.

Die Strukturreformen sind auf die Zeit nach 2013 verschoben. Dies mag unbefriedigend sein, aber es erlaubt - wenigstens theoretisch - den beiden Regierungsparteien in der kommenden Wahlauseinandersetzung, Profil zu zeigen: Die Volkspartei kann zum Umbau des Staates ihre Vorstellungen zu Privatisierung, Pensionsreform und Verwaltungsreform darlegen. Die SPÖ gleichermaßen.

Das jetzige Konsolidierungspaket lässt sogar noch eine Möglichkeit zu: In Sachen Liberalisierung des Wirtschaftsgeschehens lassen beide Regierungsparteien zu wünschen übrig. Die Freiheit des Einzelnen ist weder bei der SPÖ noch bei der ÖVP ein durchgängiger Wert. Sollte sich also eine neue politische Kraft etablieren wollen - feel free...