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Der Flügelheber geht

Von Brigitte Pechar

Politik

Neos-Gründer Strolz gibt Parteiführung ab und verlässt den Klub - Beate Meinl-Reisinger könnte ihm nachfolgen.


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Wien. "Ich liebe Politik", sagte Neos-Vorsitzender Matthias Strolz am Montag 12 Uhr bei einer Erklärung im Presseclub Concordia, die er kurzfristig einberufen hatte. Und trotz dieser Liebeserklärung verkündete er fast noch im selben Atemzug völlig überraschend seinen Rückzug aus der Politik.

Dahinter muss nichts vermutet werden. Es gab keine Versuche, ihn abzusägen und es gibt auch sonst keinen der üblichen Gründe, die ihn zu diesem Schritt bewogen. "Ich folge dem Ruf meines Herzens", sagte Strolz. "Seit Jahresbeginn habe ich zunehmend Klarheit darüber bekommen, dass 2018 das Jahr meiner Amtsübergabe sein wird. So wie mich mein Herz in die Aufgabe einer Parteigründung gerufen hat, so sagt mir die Stimme meines Herzens nun, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, die Führungsverantwortung zu übergeben."

So tickt der Parteigründer der Neos. Es ist wichtig für ihn, "bei sich" zu sein. Das hat nichts mit Esoterik zu tun, sondern mit seiner gesamten Lebenseinstellung. "Ich bin der Pilot meines Lebens." Und Teil seiner Lebensplanung war, zehn Jahre in die Politik zu gehen. "Als Gründungsmitglied habe ich sieben Jahre Aufbauarbeit in den Knochen", deutete Strolz auch die Mühen des Alltags in der Politik an.

"Politik ist ein Produkt geworden, bei dem es darum geht, den Gegner maximal zu beschädigen." Das ist das Bild, das Strolz Anfang 2012, bei einem Gespräch über sein Buch "Warum wir Politikern nicht trauen . . . und was sie tun müssten, damit sich das ändert" (Kremayr & Scheriau, Wien 2011) zeichnete. Das zu ändern - mit diesem Gedanken trug er sich schon seit Jahren. "Es war klar, dass es wichtig ist, dass Österreich eine neue politische Kraft der Mitte bekommt", sagte er am Montag bei seiner Erklärung.

Salzburger Wahl beendete Pionierphase der Neos

Am 27. Oktober 2012 hob Strolz gemeinsam mit dem Manager Veit Dengler die Bewegung "Das Neue Österreich" bei einem Gründungskonvent aus der Taufe. Vor der Nationalratswahl 2013 "haben sämtliche Fachleute gesagt: ‚Das geht nicht ohne fünf Millionen und Prominente‘. Wir hatten kein Geld und keine Promis, aber Entschlossenheit, Kompetenz, Herzblut und gute Laune."

Strolz wollte Politik mit Leidenschaft betreiben, eine Politik mit Nachhaltigkeit. Eine Politik, in der es eben nicht darum geht, den Gegner maximal zu beschädigen. Oft war es für seine Mitstreiter unverständlich, dass der Chef nicht deftiger gegenüber seinen Gegnern wurde.

Glaubwürdigkeit ist sicherlich ein Aspekt, warum Neos dieser Erfolg in nur sechs Jahren beschieden war. "Mit der Wahl in Salzburg ist unsere Pionierphase, unsere Aufbauphase zum Abschluss gekommen. Wir haben in den letzten sechs Jahren an 30 Wahlen teilgenommen. Ich war immer mitten drinnen und vorne dabei. Vieles ist uns gelungen, einiges nicht, überall ist Luft nach oben. Aber wir sind die schnellstwachsende politische Kraft, und das macht uns dankbar", resümierte Strolz.

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Der Zeitpunkt ist mit Bedacht gewählt. Schließlich sind jetzt längere Zeit keine Wahlen, kommendes Jahr steht allein die EU-Wahl im Kalender. Neos sind in fünf Ländern sowie im EU-Parlament vertreten und haben 2017 ihre Nationalratsmandate von neun auf zehn ausgebaut. Nun stehe die nächste Wachstumsphase bevor, sagte Strolz und gibt als Ziel für die nächsten zehn Jahre vor, zur 20-Prozent-Partei zu wachsen.

Wenn man einen Grund für einen Rückzug suchen wollte, könnte man anführen, dass es immer Ziel des Neos-Chefs gewesen ist, einer Regierung anzugehören, wobei er sich selbst als Bildungsminister gesehen hätte. Dieses Ziel liegt in weiter Ferne, wenn man davon ausgeht, dass die jetzige Regierung durchhält und eventuell eine türkis-blaue Neuauflage folgt.

Diese Regierungsbeteiligung zumindest größenmäßig zu ermöglichen, liegt nun in den Händen seiner Nachfolgerin oder seines Nachfolgers. Bereits am Mittwoch sollen bei einem erweiterten Parteivorstand die Weichen für die Zukunft gestellt, noch im Juni ein neuer Parteichef gefunden werden. Im Herbst will Strolz aus dem Nationalrat ausscheiden.

Hajek: Den Neos kommt der Anker abhanden

"Damit kommt den Neos der Anker abhanden und der Opposition fehlt der Sprecher", kommentierte Meinungsforscher Peter Hajek. Für einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin stünden nun zwei Dinge im Fokus: Die eigene Bekanntheit zu erhöhen und ein Thema zu finden, wofür er oder sie stehe, so Hajek.

Als Favoriten für die Nachfolge werden die Wiener Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger, der stellvertretende Klubobmann Nikolaus Scherak sowie der Medienmanager und Neos-Mitbegründer Veit Dengler genannt.

Berufliche Zukunft von Strolz ist offen

Die wahrscheinlichste Variante scheint Meinl-Reisinger zu sein. Für sie müsste niemand auf ein Mandat verzichten. Denn der Wiener Partei- und Klubchefin wäre ein solches nach der Wahl vom Oktober zugestanden. Aber sie verzichtete darauf, um die Partei in die kommende Wiener Wahl zu führen. Sollte sie es sich jetzt anders überlegen, könnte sie sowohl über die Bundesliste (da stand sie auf Platz 3 hinter Strolz und Irmgard Griss) als auch über die Wiener Liste in den Nationalrat. Meinl-Reisinger scheint auch die Rückendeckung des scheidenden Chefs zu haben und sie teilt mit ihm ein Herzensthema: die Bildung.

Seine berufliche Zukunft lässt Strolz offen: Er habe einige Ideen für Bücher. Am Ende seiner Erklärung bedankte er sich unter Tränen, "dass mir das Leben diese Aufgabe mit auf dem Weg gegeben hat". "Viel Glück und auf ein Wiedersehen."