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Der Freiheitskämpfer und die Krähe

Von WZ-Korrespondentin Kathrin Lauer

Politik

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán akzeptiert keine Währungsfonds-Auflagen.


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Budapest. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán führt einen offen erklärten "wirtschaftlichen Freiheitskampf", bei dem Banken und der Internationale Währungsfonds (IWF) als die bösen Buben gelten. Dazu griff er jetzt zu einem Vergleich aus der Tierwelt: Der IWF sei eine "Krähe", die ihren Artgenossen ungern ein Auge aushacke, sagte er am Freitag in seinem wöchentlichen Radio-Interview. Der IWF wolle Ungarn nicht entgegenkommen, weil das Land die anderen "Krähen", nämlich die Banken, hoch besteuere. Zuvor hatte der IWF klargestellt, dass Ungarn die angestrebte flexible Kreditlinie ohne Reformauflagen nicht bekomme. Allenfalls komme ein Stand-by-Kredit in Frage, der nach IWF-Regeln mit einer regelmäßigen Überprüfung der Staatsfinanzen einhergehen würde.

Dies lehnt Orbán aber strikt ab. Gleich nach seiner Amtsübernahme 2010 hatte er den IWF hinauskomplimentiert - nachdem dieser zusammen mit EU und Weltbank das Land 2008 mit einem Notkredit von 20 Milliarden Euro vor dem Staatsbankrott gerettet hatte.

Seit 2012 verhandelt Ungarn doch wieder mit dem IWF. Orbán hofft immer noch auf die Einsicht in Washington, dass Ungarn reif sei für einen flexiblen Kredit. Schließlich sei es gelungen, das Budgetdefizit unter der kritischen Marke von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu halten. Tatsächlich ist in den letzten zwei Jahren mehr Geld in die Staatskasse geflossen - aber mit Maßnahmen, die für die EU bisher als unsolide galten: durch die Banken-Besteuerung und Verstaatlichung privater Rentenfonds. Gegen Ungarn läuft deshalb in Brüssel immer noch ein Defizit-Strafverfahren. Ende Februar will die EU nach Prüfung neuer Haushaltsdaten entscheiden, ob dieses eingestellt wird, sagte Kommissionschef José Manuel Barroso zu Orbán in Brüssel.

Siegessicher zeigt sich Orbán an der Energiefront: Sein Staat werde von E.On vier ungarische Gasspeicher kaufen und den Vertrag über den Gasimport aus Russland nach Ungarn übernehmen - nach Schätzungen der Medien für 800 Millionen Euro. Der schon lange geplante Verkauf sei fast perfekt, so Orbán. Allerdings war auch E.On wegen eigener Probleme an diesem Verkauf interessiert.

Orbáns Diplomaten preisen dessen Wirtschaftspolitik neuerdings großspurig als "New Deal" - in Anlehnung an die US-Reformpolitik der 30er Jahre. Richtig ist jedenfalls, dass Orbán für neue "Deals" östliche Partner bevorzugt. Bezeichnenderweise reiste er gleich nach der Visite in Brüssel am Donnerstag zu einem Treffen mit Wladimir Putin nach Moskau.