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Der Fremdwährungskredit ist tot

Von Karl Leban

Wirtschaft

Ab sofort sind nur vereinzelt noch Ausnahmen möglich. | Banken: "Werden alle besser schlafen." | Wien. Rund ein Drittel der Ausleihungen in Österreich entfällt auf Fremdwährungskredite. Dieser Anteil ist absolute Europa-Spitze. Den Finanzaufsehern ist das schon seit langem ein Dorn im Auge. Sie haben nun durchgegriffen und die Banken ab sofort mit einem De-facto-Verbot bei der Neuvergabe von Krediten in Schweizer Franken, japanischem Yen oder anderen fremden Währungen belegt.


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Nur an vermögende Privatkunden oder an Bürger, die etwa in der Schweiz arbeiten und dort ein ausreichendes Einkommen beziehen, dürfen hiesige Banken solche Darlehen noch vergeben. Ein für allemal untersagt ist aber die Kombination mit kapitalaufbauenden Tilgungsträgern (wie Fonds, Anleihen oder Aktien).

"Der Fremdwährungskredit soll kein Massenprodukt mehr sein", so Harald Ettl, Vorstand der Finanzmarktaufsicht (FMA). "Wenn nur zehn bis 20 Prozent dieser Kredite notleidend werden, ist das ein ernstes systemisches Problem", erklärt Ettls Vorstandskollege, Kurt Pribil, warum die FMA so daran interessiert ist, Fremdwährungskredite mittel- bis langfristig radikal hinunterzufahren.

Gleich doppeltes Risiko

Wegen der krachenden Börsen haben viele Kreditnehmer "draufgezahlt", weil die Kredite meist mit endfälligen Tilgungsträgern vergeben wurden. Für die Rückzahlung des Darlehens haben Privatkunden mitunter sogar in hochriskante Immobilien-Aktien (wie Immofinanz oder Meinl European Land) investiert, die massiv an Wert verloren. Beispiel: Sinkt bei einem endfälligen 200.000-Euro-Kredit in anderer Währung die Performance eines Tilgungsträgers, die ursprünglich mit jährlich 4,5 Prozent erwartet wird, nur um einen Prozentpunkt, fehlen am Ende 27.000 Euro. Generell können sich riesige Deckungslücken auftun.

Was das Risiko - für die Kunden, aber auch für die Banken - zuletzt noch zusätzlich angeheizt hat: Seit 2007 ist das Währungsrisiko größer geworden. Seither schwankte der Franken zum Euro um bis zu 16 Prozent, der Yen zum Euro sogar um 35 Prozent. Jede Spekulation gegen den Euro beeinflusst direkt den Verschuldungsgrad des Kreditnehmers.

"Deshalb wollen wir hier eine europäische Normalität haben", betont Nationalbank-Direktor Andreas Ittner. Ende 2009 lag der Anteil der Kredite von österreichischen privaten Haushalte an den Privatkrediten im Euroraum bei 2,6 Prozent, der Anteil an den Fremdwährungskrediten dagegen bei 42,7 Prozent. "Diese für Europa untypische Situation kann so nicht dauerhaft sein", sagte Ittner am Montag vor der Presse. Ettl: "Zufrieden sind wir erst, wenn wir bei Fremdwährungskrediten ebenfalls auf einen Anteil von zwei bis drei Prozent kommen."

Umstieg in Euro-Kredite

Die Banken sind dazu angehalten, die von der FMA nun auch amtlich vorgegebenen Mindeststandards zu erfüllen. Die meisten haben schon seit der Finanzkrise kaum mehr Kredite in fremder Währung vergeben. Außerdem bieten viele Institute mittlerweile den kostenlosen Umstieg von Fremdwährungs- auf Euro-Kredite an, Zwangskonvertierungen darf es nicht geben. "Jetzt werden alle besser schlafen", heißt es in der Branche.

WissenKredite in fremden Währungen, meist kombiniert mit Tilgungsträgern, waren ab der Jahrtausendwende hauptsächlich in Österreich beliebt und begehrt. Zum Höhepunkt der Finanzkrise im Herbst 2008 hielten die privaten Haushalte mit 39,1 Milliarden Euro 31,7 Prozent des gesamten Kreditvolumens. Der Großteil davon (80 Prozent) ist in die Wohnraumbeschaffung - Stichwort: Hausbau - geflossen.

Bis März 2010 ist das Volumen leicht gesunken - auf 35 Milliarden Euro. Ein kleiner Teil der bisherigen Fremdwährungskredite ist durch Euro-Kredite substituiert worden. Die Nationalbank, in der die Bankenaufsicht angesiedelt ist, schätzt die Zahl der Kreditnehmer in Österreich auf rund 280.000 bis 300.000. Ihr zufolge bewegt sich die Höhe der vergebenen Kredite im Schnitt in einer Bandbreite von 120.000 bis 130.000 Euro.