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Der freundliche Schwarze

Von WZ Online

Politik

Wien. Michael Spindelegger (51) soll die ÖVP wieder auf Kurs bringen. Der stets verbindliche, nie die Contenance verlierende Außenminister erscheint der Volkspartei in stürmischen Zeiten als der geeignete Kapitän für das schwarze Schiff. Als sein Atout gilt, dass er mit allen kann, als sein Manko fehlendes Charisma.


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Spindelegger kommt aus dem schwarzen Kernland Niederösterreich, was bei Postenvergaben in der Volkspartei noch nie geschadet hat - ebenso wenig, wenn man einen der großen Bünde hinter sich hat. In Spindeleggers Fall ist das der ÖAAB, dem er seit zwei Jahren als Obmann vorsteht.

Die Nähe zum Arbeitnehmerbund der Volkspartei hat Spindelegger quasi im Blut. Schon sein Vater Erich, ein Bundesbahnoberinspektor, war im ÖAAB tätig, Nationalratsabgeordneter und Bürgermeister in der Hinterbrühl - dem Heimatort der Familie, dem auch der (am 21.12.1959) im benachbarten Mödling geborene Sohn treu geblieben ist.

Die politische Karriere des Cartellbruders begann nach seinem mit Doktorat abgeschlossenen Jus-Studium als Bediensteter des Landes Niederösterreich, und so wirklich 1987, als der Reserveoffizier ins Kabinett des damaligen Verteidigungsministers Robert Lichal wechselte. Spätestens, als ihn sein Mentor unter die Fittiche nahm, war der Traum, einmal Archäologe zu werden, ausgeträumt.

1992 wurde es erstmals etwas mit einem Mandat im Parlament, allerdings vorläufig bloß im Bundesrat, nebenbei verdingte sich Spindelegger in der Giro-Credit. Kurz vor Weihnachten 1993 gab es dann das Ticket in den Nationalrat, aus dem er bis zu seinem Antritt als Außenminister im Jahr 2008 nicht mehr wegzubekommen war - mit Ausnahme eines einjährigen Sprungs ins Europaparlament, wo er zur ersten Garde der österreichischen EU-Abgeordneten gehörte.

Schon damals galt Spindelegger als Zukunftshoffnung des ÖAAB, dem er ab 1991 als stellvertretender Obmann diente und dessen niederösterreichische Teilorganisation er 1998 übernahm. Genannt wurde sein Name immer wieder, wenn es um höhere Weihen ging. Wirklich nach oben ging es auf der Karriereleiter aber nicht, auch weil er sich über einige Jahre verstärkt um die Betreuung seiner Söhne kümmerte, als seine Ehefrau Margit zur Kabinettschefin des Präsidenten des Europäischen Rechnungshofes ernannt wurde und die meiste Zeit in Luxemburg verbrachte.

Endlich eine Sprosse weiter kletterte Spindelegger 2006, als ihn der ÖAAB als Kandidaten für den Posten des Zweiten Nationalratspräsidenten designierte - wobei: auch da ging es fast schief. Die heutige Innenministerin Maria Fekter startete eine Art Guerilla-Kandidatur und unterlag Spindelegger gerade einmal um eine Stimme. Der Präsident schluckte das matte Ergebnis und ging ganz in seinem neuen Job auf, freilich nicht so sehr, dass er sich nach dem Verzicht von Ursula Plassnik, auch in einem Kabinett Faymann das Außenamt zu leiten, als Einspringer in letzter Minute verweigert hätte.

Und auch im Außenministerium gefiel es Spindelegger, in Österreich bemühte er sich mit diversen Diskussionsveranstaltungen um ein besseres Europa-Image und am internationalen Paket genoss er den Glanz der österreichischen Mitgliedschaft im UNO-Sicherheitsrat. Noch gut in Erinnerung ist ein vor Stolz fast platzender Spindelegger, als er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz von US-Außenministerin Hillary Clinton den Medien vorgestellt wurde.

Doch Spindelegger war nicht nur außerhalb der Grenzen aktiv, auch in Österreich basteltet der vom Boulevard wohl gelittene Außenminister weiter an seiner Laufbahn. Nachdem der ÖAAB des Beamten-Lobbyisten Fritz Neugebauer überdrüssig geworden war, übernahm er 2009 den Vorsitz im Arbeitnehmerbund und sorgte da unter anderem dafür, dass das Familienstaatssekretariat nach Christine Mareks Wechsel nach Wien dem AAB nicht verlustig ging.

Nebenbei bemühte sich Spindelegger etwa um Profilierung als Bildungspolitiker, freilich als solcher, der mit einem eigens ausgearbeiteten Konzept die von der SPÖ propagierte Gesamtschule mit aller Macht verhindern wollte. In der Ausländerpolitik flog Spindelegger sogar nach Kanada, um sich das dortige Zuwanderungskonzept anzuschauen und konterkarierte Innenministerin Maria Fekter, als er die Notwendigkeit weiterer Zuwanderung nach Österreich propagierte. Zuletzt wurde er auch noch zum Bundesheer-Politiker, als Freund der Wehrpflicht und somit Widerpart von Verteidigungsminister Norbert Darabos (S), der ja auf ein Freiwilligenheer umstellen will.

Auch wenn der in gesellschaftlichen Belangen zum konservativen Kreis der Volkspartei zählende Spindelegger in zentralen Fragen den SPÖ-Positionen diametral gegenübersteht, dürfte sich beim Koalitionspartner die Traurigkeit über den Obmann-Wechsel in Grenzen halten. Einerseits kann Kanzler Werner Faymann mit Spindelegger mindestens so gut wie mit dessen Vorgänger Josef Pröll, andererseits gibt der freundliche Familienvater aus der Vorstadt nicht unbedingt einen unbezwingbaren Rivalen beim nächsten Urnengang 2013 ab. Freilich - unterschätzen sollte man Spindelegger auch wieder nicht. Seine Persönlichkeitswerte sind gut und man kann sich auch beharrlich ins Kanzleramt lächeln, wie Werner Faymann nur allzu gut weiß. (APA)

Spindelegger zum ÖVP-Chef gekürt

+++ Michael Spindelegger, der 15. ÖVP-Obmann