Die Integration der Maoisten in die Armee klappt nicht. | Kathmandu/Wien. In Nepal wird der fragile Friedensprozess immer wieder auf neue, schwere Proben gestellt: So spielen etwa die Kommandanten der bewaffneten Einheiten der Maoisten mit dem Gedanken, neue Kämpfer aufzunehmen. Sie meinen, dies sei eine Reaktion darauf, dass auch die nationale Armee etwa 2800 neue Soldaten rekrutiert hat.
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Die Situation in Nepal ist prekär: Nach einem zehn Jahre langen Bürgerkrieg zwischen den Maoisten und der Armee, der etwa 13.000 Menschen das Leben kostete, gibt es seit 2006 ein Friedensabkommen. Die ehemals aufständischen Maoisten wurden in den politischen Prozess integriert und stellen nun nach demokratischen Wahlen die stärkste Partei in der Regierung. Gleichzeitig haben sie noch immer rund 19.000 bewaffnete Kämpfer in der Hinterhand. Gegenüber steht die nationale Armee mit etwa 100.000 Mann.
Ehemalige Feinde finden nicht zueinander
Die Armee und die maoistischen Verbände sollten vereint werden, doch das ist schwierig. Ein Grund ist das latente Misstrauen: Bis vor kurzem kämpften sie gegeneinander, waren Feinde. "Zudem sind die Abkommen zur Integration der Maoisten in die nationalen Streitkräfte sehr vage", sagt Rhoderick Chalmers, der für den Thinktank "International Crisis Group" in Nepal arbeitet.
Bei den Verhandlungen zum 2006 in Kathmandu unterzeichneten Friedensabkommen wurde jedenfalls angedacht, dass ein Teil der maoistischen Kämpfer ins Zivilleben zurückkehrt und etwa 3000 bis 6000 in die Armee aufgenommen werden, berichtet Chalmers. Nun, rund drei Jahre später, sind die maoistischen Kämpfer noch immer in ihren von der UNO überwachten Camps stationiert.
Die traditionell sehr konservative Armee, die sich selbst als politisch neutral beschreibt, sträubt sich dagegen, die Maoisten aufzunehmen. Diese seien politisch indoktriniert, meinen die Streitkräfte. Falls es sich aber nicht vermeiden lassen sollte, die ehemaligen Feinde zu integrieren, will ihnen die Armee höchstens untere Ränge zuweisen. Das wollen sich wiederum die Maoisten keinesfalls bieten lassen.
Zudem ist bei den Maoisten unklar, wie weit sie überhaupt mit der Armee zusammenarbeiten wollen. Innerhalb der Führung der Maoisten gibt es durchaus eine Strömung, die die bewaffneten Einheiten vorerst als Faustpfand im politischen Prozess behalten will, berichtet Chalmers gegenüber der "Wiener Zeitung".
Dass sich Armee und Maoisten nicht näher kommen, löst in Nepal jedenfalls Sorgen aus. Manche Kommentatoren warnen bereits vor einem erneuten bewaffneten Konflikt.
Maoisten haben viel zu verlieren
Chalmers hält dies aber momentan für unwahrscheinlich. Die Armee bräuchte wohl für einen Feldzug gegen die Maoisten grünes Licht vom einflussreichen Nachbarn Indien. Doch die Regierung in Neu Delhi ist nicht daran interessiert, dass Nepal erneut destabilisiert wird.
Die Maoisten wiederum würden bei einer Rückkehr zu den Waffen riskieren, sehr viel zu verlieren, so Chalmers. Schließlich haben sie es mittlerweile in die Regierung geschafft und können die politischen Geschicke und die Zukunft des Landes federführend mitbestimmen.