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Der G-8-Gipfel wird zum Abschiedsevent für Clinton

Von Terence Hunt

Politik

Washington - Wenn US-Präsident Bill Clinton die Abgeschiedenheit des Nahost-Gipfels in Camp David verlässt, erwartet ihn auf der japanischen Insel Okinawa ein gänzlich anderes Szenario. Beim G-8-Gipfel will sich Clinton, dessen Amtszeit im Jänner 2001 endet, auch von den Regierungschefs der führenden Industrienationen verabschieden. Auf dem Programm stehen dabei im Gegensatz zu der verschwiegenen Atmosphäre in Camp David zahllose Fototermine, Feiern und Pressekonferenzen, bei denen die Anwesenden eifrig über ihre Anliegen plaudern wollen.


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Und die nach wie vor boomende US-Wirtschaft steht auch im Kontrast zu der Krise bei Clintons erstem Gipfel. "1993 war der Präsident der Neuling in der Runde und hatte eine schwache US-Wirtschaft und hohe Defizite im Rücken", erinnert sich Clintons wirtschaftlicher Berater Lael Brainard. "In diesem Jahr kehrt er als dienstältester Regierungschef der Anwesenden zurück, mit positiven Prognosen für die Weltökonomie, dem längsten Wirtschaftsboom in der US-Geschichte und Haushaltsüberschüssen." In Clintons Antrittsjahr wurde ein Haushaltsdefizit von 455 Milliarden Dollar erwartet. Mittlerweile können die USA mit einem Überschuss von 211 Milliarden Dollar rechnen.

Zum letzten Mal wird Clinton mit gemeinsam mit der Runde der Staats- und Regierungschefs aus Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien, Russland, Kanada und Japan zusammenkommen. Wobei wegen der Schwierigkeiten beim Camp-David-Gipfel Clinton Mittwoch seinen Abflug nach Japan um 24 Stunden verschob.

Während des Gipfels wird sich Clinton zu Vier-Augen-Gesprächen mit dem britischen Premierminister Tony Blair, dem japanischen Ministerpräsidenten Yoshiro Mori und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin treffen. Bei der zweiten Zusammenkunft mit Putin binnen sechs Wochen wird es vor allem um die Vorbehalte Russlands gegen das geplante Raketenabwehrsystem (NMD) der USA gehen. Viele der anderen Gipfelteilnehmer teilen die Kritik Moskaus an dem Projekt.

Erstmals werden an dem Gipfel auch Vertreter von Entwicklungsländern an Vorgesprächen beteiligt sein. Bei den Treffen am Donnerstag mit Vertretern von Südafrika, Nigeria, Thailand und Algerien, an denen auch der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder teilnehmen will, geht es um Informationstechnologie, Bildung, Wirtschaft und Gesundheitsfürsorge. Der eigentliche Gipfel beginnt am Freitag und endet am Sonntag.

Bei dem ersten Besuch eines amerikanischen Präsidenten auf Okinawa, seitdem die Insel 1972 von den USA an Japan zurückgegeben wurde, will Clinton auch die schwierigen Beziehungen zwischen den 26.000 US-Soldaten und der Bevölkerung ansprechen. Mehrere Ausfälle und Verbrechen von US-Soldaten haben zu Protestdemonstrationen auf der Insel geführt. Für den Freitag ist eine Rede des Präsidenten im Friedenspark von Okinawa geplant, der an die Schlacht im Zweiten Weltkrieg erinnern soll.