Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die Enthüllungen über einen eventuellen Angriff der USA auf den Iran haben nicht nur durch die jüngste Äußerung von Präsident Bush Auftrieb erhalten, der eine solche Aktion nicht ausgeschlossen hat. Auch namhafte Experten haben in Gesprächen mit der "Wiener Zeitung" die Meinung vertreten, dass die Wahrscheinlichkeit eines solchen Vorgehens der USA stark gestiegen ist.
John Pike, der Präsident des angesehenen Think-Tanks "Global Security" sagte auf die Frage, wie die Bush-Regierung auf das iranische Streben nach Atomwaffen reagieren werde: "Wir sprengen sie in die Luft." Ein Bericht der CIA an den Kongress sprach am 23. November 2004 davon, dass "der Iran zielstrebig Programme für die Produktion von Atom-, biochemischen und chemischen Waffen verfolgt".
Wer das Dokument allerdings sorgfältig liest, findet eine Fülle von "möglicherweise" und "könnte sein".
Die Ende 2004 von EU-Verhandlern mit dem Iran erreichten Vereinbarungen über die Aussetzung der Urananreicherung kam amerikanischen Eskalationsplänen sehr ungelegen.
"Ich denke, dass die US-Regierung in Wirklichkeit die Vereinbarungen zwischen der EU und dem Iran torpedieren will", sagte der Direktor der Carnegie-Friedensstiftung John Wolfsthal gegenüber der "Wiener Zeitung". Er sagte voraus, dass die Vereinbarungen platzen würden, und Teile der Bush-Administration die "Konfrontation mit dem Iran bekommen werden, die sie sich wünschen".
Der Iran beharrt darauf, dass er atomare Einrichtungen nur brauche, um Strom zu erzeugen, stellte ein Bericht des Congressional Research Service am 4. März des Vorjahres fest. Der Bericht weist auch darauf hin, dass der Iran noch Jahre davon entfernt sei, so viel spaltbares Material zu produzieren, dass er damit Atomwaffen bauen könnte.
Als vor etwa einem Jahr der atomare Schwarzmarkt des pakistanischen Wissenschaftlers A.Q. Khan aufflog, sprach dieser von einem geheimen "Dreiecks-Technologiekonsortium" von Pakistan, Nordkorea und dem Iran.
Deshalb meint Pike, sei es möglich dass der Iran auf diesem Wege atomare Waffentechnologie erhalten haben könnte.
Im Herbst 2004 veröffentlichte die Zeitschrift "Parameters" des US Army War College ein Strategiepapier mit dem Titel "Der Iran im Schatten des Irak - wie man mit der iranischen Atomdrohung fertig werden kann". Gleich im ersten Absatz stellt die Studie fest, dass "die Aussichten gering sind - wenn die USA nicht zur Gewalt greifen."
Viele Experten betonen, dass der Iran Atomwaffen nur zum Zweck der Verteidigung habe wolle. Sie führen auch an, dass der Iran laut Untersuchungen aus dem Jahre 2002 über etwa neun Prozent der bekannten Erdölreserven und die zweitgrößten Erdgaslager der Erde verfügt, das aber alles unerreichbar für US-Firmen sei und hauptsächlich den Interessen der EU und Asiens diene.
Der Hampshire-College-Professor Michael Klare sagt im Interview mit der "Wiener Zeitung" ein globale Energiekrise voraus und meint, es gehe um die Ausübung der Macht: "Das Öl des persischen Golfs ist die größte Machtkonzentration der Erde".
Der Bush-Regierung müsse es nicht unbedingt um die Nutzung des iranischen Öls durch die USA gehen, eher wolle sie die Ölvorkommen kontrollieren und eine Art Vetorecht über den Persischen Golf haben. Der wahre Grund: Die Bush-Administration sei der Auffassung, dass sich einige Staaten der von den USA gewollten neuen Ordnung widersetzen und daher auf Linie gebracht werden müssten.