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Der gehemmte Drang ins All

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Verkehrsminister reden über Projekt mit ungewissen Marktchancen. | China hat mit Compass Nase vorn. | Brüssel. Das globale Satellitenortungssystem Galileo ist eines der absoluten Prestigeprojekte der EU und beschäftigt die EU-Verkehrsminister bei ihrem Treffen heute, Donnerstag. Genauere und vom US-Konkurrenten GPS unabhängige Daten sollte es liefern. Doch bis zum Vollbetrieb rechnet die Kommission mit einer mindestens zwölfjährigen Verspätung gegenüber den ursprünglichen Plänen. Von konkreten Einkommenseinschätzungen hat sich Brüssel inzwischen verabschiedet, was die Betriebskosten explodieren lässt. Längst hätten die Chinesen mit ihrem Satellitensystem Compass die Nase vorne, heißt es in Diplomatenkreisen.


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Eine anfangs noch umstrittene Nutzung von Galileo durch das Militär wird offensichtlich schon als selbstverständlich angenommen. Wie viel es am Ende kosten wird, ist unbekannt. Allein für den Aufbau des Systems werden 5,3 statt der einst geplanten 3,4 Milliarden Euro fällig. Der Betrieb soll pro Jahr 800 Millionen Euro gegenüber anfangs budgetierten 200 Millionen verschlingen.

12 Jahre Verspätung

Die Gründe für den Anstieg sind laut Experten höhere Kosten für die Beförderung der Satelliten ins Weltall, die Satelliten selbst und eben die Zeitverzögerung. Schon 2007 hätten 30 Satelliten ihren Betrieb aufnehmen sollen, derzeit wird mit der vollen Einsatzfähigkeit 2019 gerechnet. 2014 oder 2015 könnten immerhin 18 Satelliten in der Umlaufbahn sein und einen Teilbetrieb gewährleisten. Vier operative Satelliten sind derzeit bei EADS in Bau, 14 weitere soll der deutsche Raumfahrtspezialist OHB herstellen. Die ersten sollen heuer im August oder im September in die Umlaufbahn geschossen werden.

Doch sind die europäischen Ariane-5-Raketen für den Transport von gut 2,5 Tonnen schweren Telekom-Satelliten konzipiert und daher für die bloß 750 Kilogramm leichten Galileo-Satelliten wirtschaftlich nicht die günstigste Variante. Weil sie nur zwei Satelliten in der Umlaufbahn platzieren können, wären sie immer fast leer unterwegs.

Angewiesen auf Russen

Daher greift die EU auf kleinere russische Sojus-Raketen zurück. So kostet ein Sojus-Start mit zwei Galileo-Satelliten vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch Guyana um die 120 Millionen Euro, davon etwa die Hälfte für die Trägerrakete. Mit der Ariane wären rund 15 Prozent mehr fällig, hieß es. Binnen zwei Jahren könnte ein Zusatzmodul entwickelt werden, welches vier Satelliten aussetzen kann. Die Kosten könnten so künftig fast halbiert werden, hoffen Experten.

Doch wegen der enormen Verzögerung in der EU könnten die Chinesen das Geschäft machen: Sie haben laut Experten bereits den vierten Weltraumbahnhof eröffnet und schießen ihre Compass-Satelliten "im Akkord" ins All, bis zu sieben befinden sich bereits in ihrer Umlaufbahn. Damit liegen sie deutlich vor den Europäern, könnten ihr globales Satellitenortungssystem schon 2016 fertig haben. Die USA kämpfen bei der Modernisierung ihres GPS wie die EU mit steigenden Kosten und sind ebenfalls im Verzug. Einen Rückschlag haben unlängst die Russen beim Aufbau ihres Glonass-Systems erlitten. Ende 2010 ging eine Trägerrakete mit drei neuen Satelliten verloren.