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"Alles Geld der Welt" heißt ein Film von Ridley Scott, der in etwa sechs Wochen in die US-Kinos kommen soll. Das wird sich wohl jetzt nicht mehr ausgehen. Denn der Regisseur wird einige Szenen neu drehen. Und zwar alle jene mit der Hauptfigur, dem Entführungsopfer Jean Paul Getty. Ursprünglich wurde der von Kevin Spacey verkörpert. Nun soll Christopher Plummer einspringen. Laut Medienberichten steht die ganze Crew hinter Scotts Entscheidung, Spacey wegen der gegen ihn erhobenen Vorwürfe der sexuellen Belästigung aus dem Film zu entfernen. Gegen Spacey mehren sich die Anschuldigungen, junge Männer sexuell bedrängt zu haben. Die Serie "House of Cards" mit ihm in der Rolle des US-Präsidenten wurde deswegen bereits eingestellt. Das erschien plausibel, da auch von Übergriffen am Set dieser Produktion berichtet wurde.
Dass Ridley Scott nun die bereits fertiggestellte Arbeit eines unbestritten (fachlich!) brillanten Schauspielers löscht, ist nicht nur ein ziemliches filmgeschichtliches Unikum bei noch lebenden Schauspielern. Es ist auch der erste Schritt in eine doch etwas groteske Entwicklung. Wer wird dann Bill Cosby als Dr. Huxtable in der komplett nachgespielten "Bill Cosby Show" ersetzen? Müssen alle Filme von Roman Polanski und Woody Allen von Regisseuren mit weißer Weste nachgedreht werden?
Oder ist Ridley Scotts Aktion einfach nur der Angst vor einer reichlich ungünstigen Vermarktungssituation, die ihm sein Hauptdarsteller beschert hat, geschuldet? Dann ist sie nicht nur heuchlerisch. Sondern auch ein bedenklicher Präzedenzfall.