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Mindestens genauso beschämend wie Wladimir Putins Rhetorik ist die Art und Weise, wie hochrangige EU-Vertreter zu US-Handlangern wurden.
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Anfangs wirkte es tatsächlich so, als hätten die Gespräche in Minsk zwischen Russland, der Ukraine, Frankreich und Deutschland zu einer Entschärfung des Militärkonfliktes an den Pforten Europas geführt. Eine Waffenruhe ist jedoch nach andauernden Kampfhandlungen von beiden Seiten nicht eingetreten.
Selbst der deutschen Kanzlerin Angela Merkel ist wohl bewusst, dass eine Befriedung der Region nur im Einvernehmen aller Streitparteien zustande kommen kann. Und dies inkludiert auch jene Staaten, die nicht am Verhandlungstisch saßen, allen voran die USA samt ihren Verbündeten an vorderster Front, Polen und dem Baltikum.
Wie sinnvoll ist es, an eine friedliche Lösung zu appellieren, während quasi gleichzeitig durch die Hintertüre schwere Artillerie ins Land gebracht und dies sogar von angeblich pro-europäischen Politikern gutgeheißen wird?
Die Rhetorik des russischen Präsidenten Wladimir Putin wird von zahlreichen Politikern und Redakteuren auf das Schärfste kritisiert. Mindestens genauso beschämend ist jedoch die Art und Weise, wie hochrangige Vertreter der Europäischen Union, die als grenzüberschreitendes Friedensprojekt entstanden ist, zu skrupellosen Handlagern der USA geworden sind. Nicht aus dem ukrainischen Volk sind die neuen Minister des Kabinetts von Premierminister Arsenij Jazenjuk nämlich hervorgegangen, nein, sie wurden - jedem Souveränitätsanspruch zum Trotz - von Washington für ihre Posten auserkoren: Die Einbürgerungen der amerikanischen Finanzministerin Natalie Jaresko, des georgischen Gesundheitsministers Aleksandr Kvitaschvili und des litauischen Wirtschaftsministers Aivaras Abromavicius ließen nicht lang auf sich warten. Noch vor deren Amtseinführung wurde ihnen die ukrainische Staatsbürgerschaft zum Geschenk gemacht. In einer Rede verteidigte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko diese etwas unorthodoxe Praxis und versicherte, weitere internationale Experten, die der neuen Ukraine freundlich gesinnt seien, in die Regierung holen zu wollen.
Inzwischen hat sich die österreichische Regierung, die allmählich verstanden hat, dass schärfere Sanktionen gegen Russland hauptsächlich der dortigen Bevölkerung und der Wirtschaft, nicht aber der russischen Elite schaden, einer internationalen Schelte ausgesetzt. In einem "Presse"-Interview hatte der litauische Außenminister Linas Linkevicius in Anspielung auf Österreich eine "Appeasement-Politik", die auf eine Konfliktlösung mittels Gespräch und Kompromiss abzielt, kritisiert und US-Waffenlieferungen an die Ukraine als "logischen Schritt" bezeichnet.
Mit dieser Ansicht dürfte Linkevicius wohl nicht alleine dastehen. Das Pentagon hatte bereits im Frühjahr 2014 ungefähr 600 Soldaten zu den Nato-Stützpunkten im Baltikum und in Polen entsandt. Daran ließe sich erkennen, "wer unsere wahren Freunde sind", kommentierte damals die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite diese Maßnahme.
Die Aussagen jener Politiker, die nunmehr als Sprachrohr Washingtons fungieren, lassen nicht wirklich auf eine langfristige Kompromisslösung schließen.