Um Steuerbetrüger aufzuspüren, verordnet die Regierung im Zuge der Steuerreform ein zentrales Kontenregister.
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Wien. Das Bankgeheimnis, das in Österreich noch immer ein höchst emotionales Thema ist, wird weltweit zum Auslaufmodell. Und wenn es nach der österreichischen Bundesregierung geht, könnte das Bankgeheimnis auch hierzulande bald Geschichte sein.
Im Zuge der Steuerreform sollen alleine durch die Aufhebung des Bankgeheimnisses für Unternehmen jährlich 700 Millionen Euro in die Kassen des Fiskus gespült werden - so jedenfalls steht es im Steuerreformkonzept von SPÖ und ÖVP. "Bei abgabenbehördlichen Prüfungen (z.B. Betriebsprüfung, Umsatzsteuer-Sonderprüfung) sollen bestehende Kontenverbindungen des Abgabepflichtigen - einschließlich derer, über die er verfügungsberechtigt ist - bei den Banken abgefragt werden können. Dazu wird ein zentrales Bankkontenregister angelegt." Um wirksam Steuerbetrug bekämpfen zu können, so die Überlegung, wäre es für die Finanzbehörde hilfreich, wenn sie Einblick in die Bankverbindungen hätte. Und da hat sich nun ein breiteres Feld aufgetan, als ursprünglich gewollt: Wer fällt unter den Unternehmensbegriff?
Wer ist von der Aufhebung des Bankgeheimnisses betroffen?
Sehr bald dürfte klar geworden sein, dass ein zentrales Bankkontenregister alle Konten umfassen muss, nicht nur Unternehmenskonten. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner hat denn auch am Sonntag in der ORF-Pressestunde das Thema verbreitert: Die Kontoöffnung soll demnach nicht nur für Betriebe, sondern für alle Prüfverfahren gelten. Und Bundeskanzler Werner Faymann nannte als Beispiel gewerbliche Pfuscher. Der Kanzler wünscht sich ein zentrales Kontoregister, um bei Betriebsprüfungen ohne Gerichtsbeschluss in die Konten von Unternehmen Einsicht nehmen zu können. Dieser Punkt war noch nicht ganz klar ausformuliert, das sollte im Ministerratsvortrag am heutigen Dienstag erledigt sein.
Es sei für die Finanzverwaltung äußerst schwierig, etwas zu beweisen, das nicht sichtbar sei, sagt dazu Steuerexperte Alexander Lang von Deloitte. "Wer garantiert der Finanzverwaltung, dass ein Konto nicht besteht?" Derzeit, so Lang, müsse ein Finanzstrafverfahren eingeleitet sein, damit die Finanzbehörde Einblick in die Konten erhalte. Das garantiert der § 38 Bankwesengesetz, der das österreichische Bankgeheiminis regelt.
"Das Bankgeheimnis wird mit einem zentralen Kontenregister massiv infrage gestellt", sagte Steuerexperte Lang zur "Wiener Zeitung".
Wer braucht das Bankgeheimnis überhaupt noch? Klaus Hirschler, Professor für Steuerrecht an der Universität Wien macht das eher am Gefühl fest: Das Bankgeheimnis schaffe die Gewissheit, dass die Obrigkeit nicht jederzeit schnüffeln kann. Privatsphäre und Interesse der Steuerfahnder stünden einander gegenüber. Am Ende stehe die Frage: "Wie transparent wollen wir sein?"
Anonymität istlängst gefallen
Andererseits ist im Kampf gegen Geldwäsche die Anonymität ohnehin schon gefallen, seit Jahren müssten Sparkonten legitimiert werden. Die Kapitalertragsteuer wurde als Quellensteuer eingeführt, um Zinsgewinne zu versteuern. Die Steuerreform lege nun noch einmal die Zügel an, sagt Hirschler, wenngleich er sich die großen Summen, die durch ein zentrales Kontenregister in die Kassen des Fiskus gespült werden sollen, nicht vorstellen kann. Dennoch ist sich der Steuerrechtler auch mit Blick auf internationale Usancen bewusst: "Das Bankgeheimnis wird fallen. Ich glaube nicht, dass Österreich noch lange daran festhalten wird."
Um das Bankgeheimnis aufzubrechen, das in Verfassungsrang steht, braucht die Regierung aber die Zustimmung von FPÖ oder Grünen. Von der FPÖ wird diese nicht kommen. Als ein standortschädliches "Verbrechen am österreichischen Bankgeheimnis" bezeichnete Parteichef Heinz-Christian Strache den bisherigen österreichischen Umgang mit dem Thema. Die FPÖ sei "strikter Gegner" einer weiteren "Aushöhlung", weil sie dem Standort Österreich "massiv" schade, so Strache. Die Grünen wiederum sind beim Aufweichen des Bankgeheimnisses gesprächsbereit und würden es am liebsten ganz streichen. "Ich bin da aufgeschlossen", sagte Klubobfrau Eva Glawischnig im Ö1-"Morgenjournal".
International ist der Zug schon längst abgefahren. Das Abkommen über den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen zwischen der EU und der Schweiz soll am Donnerstag unterzeichnet werden. Damit sind die Verhandlungen offiziell abgeschlossen - die beiden Seiten sind sich also einig. Bevor das Abkommen dann definitiv unterzeichnet werden kann, müssen auf EU-Seite noch die 28 Mitgliedstaaten grünes Licht geben. Auf Schweizer Seite braucht es die Zustimmung des Parlaments.
Auf EU-Ebene haben sich die Staaten bereits im Vorjahr zum automatischen Datenaustausch ab 2017 verpflichtet. Österreich war am Anfang zögerlich, wollte diesem Abkommen erst später beitreten, wird jetzt aber auch schon ab 2017 Daten liefern. Derzeit soll dazu bereits ein Gesetz in Ausarbeitung sein. Dieser automatische Informationsaustausch bedeutet, dass österreichische Banken Informationen über EU-Bürger - zum Beispiel Dividendenerträge - an das Heimatfinanzamt melden, sodass sofort festgestellt werden kann, ob die Steuern ordnungsgemäß entrichtet wurden. Damit fällt das Bankgeheimnis für Ausländer in Österreich.
Aber nicht nur innerhalb der EU soll dieser automatische Informationsaustausch greifen. Die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung (OECD) hat bereits mehr als 51 Länder erfasst, die sich verpflichten, ab 2017 detaillierte Kontodaten von Ausländern automatisch auszutauschen und damit den Steuerbetrug wirksamer zu bekämpfen. Die Banken werden also künftig Steuerflüchtlingen keinen Schutz mehr bieten können.