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Der Glaube trennt nicht

Von Yordanka Weiss

Politik

Bei der Caritas arbeiten 39.000 Menschen. | Darunter sind auch viele Nicht-Katholiken.


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Wien. Rund 12.000 Mitarbeiter arbeiten hauptberuflich für die Caritas, mehr als 27.000 ehrenamtlich. Insgesamt beschäftigt die Caritas mehr Personen als etwa die OMV mit „nur” 31.398 Mitarbeitern. „In den letzten zehn Jahren hat die Caritas ein starkes Wachstum erlebt. „Das hat auch mit dem steigenden Bedarf an Pflegeleistungen zu tun”, sagt der Generalsekretär Bernd Wachter.

Die Mitarbeiter der Caritas kommen aus 68 Nationen, einige gehören anderen Konfessionen und Religionen an. Viele sind in der Beratung und Begleitung von Asylwerbern und Migranten beschäftigt. Statistiken über die Zahl der Migranten bei der Caritas gibt es nicht. „Alle profitieren von der Sprachkompetenz und dem kulturellen Know-how der Mitarbeiter”, erzählt Wachter.

Eine Mitarbeiterin ist D. S. aus der Russischen Föderation, die seit 2006 in der Flüchtlingsbetreuung tätig ist. Nach der Flucht hat sie in Wien eine Ausbildung als Integrationsberaterin absolviert. D. S. ist Muslima und kennt viele Muslime und Aleviten, die bei der Caritas arbeiten. „Der Glaube spielt im Alltag keine Rolle. Mein Aufgabenbereich ist abwechslungsreich und integrationsfördernd. Ich bin sehr glücklich und zufrieden”, meint sie.

Ebenfalls Muslima, aber aus Bosnien stammend, ist die 28-jährige Mevla Sales. Sie ist seit 1992 in Österreich und arbeitet derzeit in der Kommunikationsabteilung der Caritas Wien. Mit Mutter und Bruder floh sie nach Linz, wo sie ein halbes Jahr in einem Caritas-Flüchtlingsheim lebte, während ihr Vater in einem Arbeitslager war. Nachdem es dem Vater gelangt nachzukommen, wurde die Familie viele Jahre von der Caritas betreut. „Nach dem Ethnologiestudium in Wien habe ich mich sofort bei der Caritas beworben. Ich wollte der Gesellschaft etwas zurückgeben”, sagt Sales.

Beim Bewerbungsgespräch wurde sie - ebenso wie D. S. - nicht nach ihrer Religion gefragt. „Als Studentin habe ich die Bibel, den Koran und die Tora gelesen. Für mich stellen diese Bücher eine Trilogie dar. In allen sind ähnliche Werte wie Nächstenliebe und Frieden vertreten, aber eben in verschiedenen Sprachen”, meint Sales.

Auch in Leitungsfunktionen findet man bei der Caritas Migranten. Michael Zikeli, Leiter des Ressorts „Asyl und Integration”, ist evangelisch und stammt aus Rumänien, von wo er knapp vor der Wende, im Sommer 1989, geflohen ist. Der gelernte Maschinenbauer war wegen regimekritischer Aussagen inhaftiert worden. Seit 21 Jahren arbeitet er bei der Caritas, zunächst als Flüchtlingsbetreuer. Auch er sieht darin die Chance, einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten: „Ich wuchs in einer Diktatur auf. Die Sozialthematik berührt mich zutiefst.”

Die Caritas - ein stiller Riese

Die Caritas betreibt 25 Obdachloseneinrichtungen und 33 Senioren- und Pflegehäuser. Im Auftrag der Länder werden Asylwerber in 39 Häusern unterstützt. Rund 41.000 Menschen bekommen Hilfe von einer der 33 Caritas-Beratungsstellen. Pro Jahr fallen circa 1,8 Millionen Einsatzstunden in Betreuung und Pflege an. Dazu kommen 4000 betreute Menschen mit Behinderung, zusätzlich werden mehr als 3600 Menschen sozialpsychiatrisch betreut.

Die Hilfsorganisation der katholischen Kirche ist ein Arbeitgeber wie jeder andere. „Für die Caritas gilt - wie für andere Sozialorganisationen - das Arbeitsrecht”, betont Wachter. Ehebruch, Kirchenaustritt oder gleichgeschlechtliche Partnerschaft sind keine Kündigungsgründe: „Das sind Angelegenheiten, die zur Privatsphäre unserer Mitarbeiter gehören. Den Privatbereich können und wollen wir nicht kontrollieren.”

Und wird von dem Mitarbeiter eine Lebensführung erwartet, die der katholischen Lehre entspricht? „Grundstein unserer Arbeit ist das christliche Menschenbild, dem zufolge jeder Mensch eine Würde hat und dementsprechend behandelt werden muss. Daraus ergibt sich ein Leitbild für die Arbeit - etwa der wertschätzende, respektvolle Umgang mit den anderen”, erklärt Wachter. Wer da nicht mitkann, sei bei der Caritas fehl am Platz.