Zum Hauptinhalt springen

Der Greenback im Rückwärtsgang

Von WZ-Korrespondentin Eva Glauber

Wirtschaft

Zinserhöhung in USA wahrscheinlich. | Notenbanken bauen Dollarbestände ab. | Frankfurt. Der Euro ist ein Frühaufsteher. Den Rekord-Kurs von 1,3879 US-Dollar stellte die europäische Währung am Mittwoch schon kurz nach Beginn des morgendlichen Handels auf. Der Dollar kostete damit 0,7206 Euro.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die Entwicklung liegt in der anhaltenden Schwäche der US-Währung begründet, die innerhalb eines Jahres gegenüber dem Euro 8,3 Prozent verloren hat. Der Greenback verliert aber nicht nur gegenüber dem Euro an Boden, sondern auch gegenüber anderen wichtigen Währungen der Welt. Das spiegelt sich im gewichteten Dollar-Index wider, der auf den tiefsten Stand seit 1992 gefallen ist.

Wende nicht in Sicht

Eine Trendumkehr ist aus währungspolitischer Sicht nicht zu erwarten. Die Konjunktur in den Vereinigten Staaten muss schlechte Nachrichten verkraften. Zum ersten Mal seit vier Jahren war im August die Beschäftigung rückläufig.

Die Vereinigung der US-Immobilienmakler hat zudem ihre Voraussage für die Zahl der Hausverkäufe zum neunten Mal in diesem Jahr gesenkt. Vor diesem Hintergrund wird es immer wahrscheinlicher, dass die US-Notenbank Fed den Leitzins von gegenwärtig 5,25 Prozent im September um mindestens 0,25 oder sogar 0,5 Prozent senkt, um die Wirtschaft anzukurbeln.

In Euroland hat die weltweite Finanzkrise dagegen bisher ökonomisch relativ wenig Schaden angerichtet. Die Konjunkturforscher rechnen beispielsweise in Deutschland für dieses Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von 2,4 Prozent. Damit würde die Bundesrepublik erstmals nach langer Durststrecke die USA überholen, wo gegenwärtig ein Plus von 2,2 Prozent erwartet wird. Auch die Daten aus anderen Euro-Ländern sprechen für die Einschätzung von Währungsexperten, dass die Europäische Zentralbank (EZB) bis Jahresende im Kampf gegen die Inflation den Leitzins von momentan vier Prozent bis Ende diesen Jahres in zwei Schritten auf 4,5 Prozent anhebt.

Anleger reagieren

Die höheren Renditen für Anlagen in Euro statt in US-Dollar lassen den Kurs der europäischen Gemeinschaftswährung steigen und machen Euro-Anlagen noch attraktiver. So investieren US-Großinvestoren wie Warren Buffett und Bill Gross ihre Milliarden inzwischen bevorzugt außerhalb der USA. Zudem disponieren einige der Notenbanken und Staaten um, die bisher die Hälfte der US-Staatsanleihen hielten. Diese Großklientel versucht inzwischen die Gewichtung des Dollar in ihren Beständen zu verringern. Ausländische Staaten und Zentralbanken haben ihre Bestände im August so deutlich wie seit 1992 nicht mehr abgebaut.

Dass der Dollar seit der Freigabe des Wechselkurses im Jahr 1973 international immer weiter absackte, hinterlässt offenbar Wirkung. Seit 1999 sank der Anteil der internationalen Devisenreserven in Dollar von 71 auf 66 Prozent. Dem Euro vertrauen die Notenbanken bereits gut ein Viertel ihrer Rücklagen an. Vor acht Jahren betrug die Rate 18 Prozent. Wichtige Energielieferanten wie Iran und Venezuela lassen sich ihr Öl und Gas inzwischen - wohl nicht nur aus ideologischen Gründen - lieber mit Euro statt Dollar bezahlen. Vorbei sind die Zeiten vom September und Oktober 2000, als in den Notenbanken bei Kursen unter 0,85 Dollar eine EZB-Krisensitzung die nächste jagte.

Die Aufwertung des Euro verändert auch das Verhältnis der weltweit in Umlauf befindlichen Scheine. Inzwischen sind 628 Milliarden Euro in Bargeld im Umlauf. Der Wert der umlaufenden Dollarscheine beträgt in Euro ausgedrückt nur noch 585 Milliarden.

Nichts ist unmöglich, heißt es jedoch in der Welt der Börsianer, die von "Gewinnmitnahmen" und "Korrekturen" gekennzeichnet ist. Die Schweizer Großbank UBS jedenfalls hält eine kurzfristige Erholung des Dollarkurses durchaus für möglich. Die US-Währung sei "überverkauft" und werde in den kommenden drei Monaten zum Euro rund 4,3 Prozent an Wert gewinnen. Der Grund: Risikoscheue US-Anleger dürften einen Teil ihres im Ausland angelegten Geldes zurückholen, zitiert die "Financial Times Deutschland" die Prognose der UBS-Währungsstrategen.

Der Euro ist der Benjamin unter den Währungen der Welt. Im Jahr 1999 wurde er als Buchwährung eingeführt, 2002 als Bargeld. Doch inzwischen ist er erwachsen geworden - schneller, als viele Skeptiker erwartet haben.