)
Die EU muss sich dessen bewusst werden, dass ihre Mitglieder vermutlich zu verschieden sind, um tatsächlich Vereinigte Staaten von Europa zu bilden.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die Euro-Zone ist immer noch ein Lehrbeispiel der Unmöglichkeit: Eine gemeinsame Währung für Staaten, die entschlossen sind, getrennt und souverän zu bleiben - trotz allem, was sie bei Gipfeln über gemeinsame Finanzpolitik äußern. Das hat mit tief verwurzelter Kultur zu tun: Die Deutschen werden niemals so viel ausgeben wie die Griechen, die Griechen werden niemals so viel sparen wie die Deutschen - egal, was irgendjemand in einem Kommuniqué kundtut.
Dennoch ist da unter Finanzanalysten ein wachsendes Gefühl, dass sich Europa in Sachen Finanzkrise etwas Zeit verschafft haben könnte. Das kommt aber nicht von den politischen Erklärungen über Einheit, sondern ist einigen Hinterzimmer-Finanzmanövern des neuen Chefs der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, zu verdanken, den Analysten zum "Super Mario" heroisiert haben.
Seit Draghi im November den EZB-Job übernommen hat, macht er heimlich, was er offiziell nicht tun darf: nämlich, wenn alle Stricke reißen, als Kreditgeber zu agieren. Zwar kann er nicht direkt die Staatsschulden aufkaufen, er kann den Banken aber Geld zu sehr niedrigen Zinsen geben. So pumpt er Liquidität über die Hintertür hinein, auch wenn der Haupteingang fest verschlossen bleibt.
Draghi machte seinen Vorstoß im Dezember, als er bekanntgab, dass die EZB den Banken 489 Milliarden Euro mit dreijähriger Rückkaufsvereinbarung zu sehr niedrigen Zinsen leihe. Zu dieser Zeit waren die europäischen Kreditmärkte fast eingefroren. Laut jüngsten Statistiken gingen die privaten Kredite in der Euro-Zone im Dezember so stark zurück wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen.
Eines kann Draghi jedoch nicht: Er kann das Kernproblem der EU nicht lösen. Die 17 Regierungen der Euro-Zone werden ihre Souveränität nicht aufgeben, egal wie laut die Deutschen Sicherheiten für mehr Finanzdisziplin fordern. Solche Finanzversprechen sind nicht durchsetzbar, ehe es tatsächlich Vereinigte Staaten von Europa gibt - die es vermutlich nie geben wird.
Stellen Sie sich die Euro-Zone als Fannie Mae vor: Beide haben einen edlen Zweck (im einen Fall die europäische Einheit, im anderen Fall die Hauseigentümerschaft), beide getragen von der Annahme, dass diese noble Mission von einer Regierungsgarantie gestützt wird. Als es dann aber hart auf hart kam, gab es keine Garantie und kein Sicherheitsnetz. Und die gibt es für die Euro-Zone trotz Draghis monetärer Fingerfertigkeit bis heute nicht.
"Super Mario" kann mit seiner erstklassigen Geldpolitik den Schaden kurzfristig abfedern, und er sollte mehr Macht haben. Die gemeinsame Währung scheint sich jedoch immer noch auf ein letztlich nicht realisierbares Konzept fiskalischer Einheit zu stützen. Statt so zu tun, als wäre das nicht so, sollten die Europäer darüber nachdenken, wie man eine Struktur aufbauen kann, die zum (glücklichen) Faktum passt, dass Deutschland und Griechenland zwei sehr verschiedene Staaten bleiben werden, mit unterschiedlicher wirtschaftlicher DNA.
Übersetzung: Redaktion
Siehe auch:Originalfassung "Two cheers for the ECB president"