Ein Atomabkommen mit dem Iran zu schließen, war ein diplomatisches Wagnis, das funktioniert hat.
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Der politische Zirkus nach dem Atomabkommen mit dem Iran sollte nicht überdecken, dass US-Präsident Barack Obama bei den Atomverhandlungen und anschließend bei der Abstimmung im US-Kongress einen gewaltigen Sieg errungen hat. Es ist der entschiedenste Erfolg seiner Präsidentschaft. Präsidentschaftskandidaten der Republikaner haben das Abkommen als Verrat eines schwachen, hilflosen Obama verurteilt. Und Umfragen zeigen, dass die Öffentlichkeit misstrauisch einem Abkommen gegenübersteht, das von Kritikern als Handel mit dem Teufel dargestellt wird.
Aber sogar in Israel gibt es - widerwillig - Unterstützung vom wachsenden Teil der Sicherheitsverantwortlichen. Abgelehnt wird das Abkommen, das von den meisten Nationen gebilligt wird, vom israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und der Führung der US-Republikaner. Tatsache ist, dass Obama sie bei fast allen Schritten überlistete.
Vielleicht ist Obama ein schwacher Präsident, aber paradox an seiner Präsidentschaft ist, dass er beim Atomabkommen mit dem Iran am zähesten gegen Netanjahu kämpfte, der an der Spitze eines der engsten Verbündeten der USA steht. Netanjahus wiederholte Versuche, das Abkommen zu versenken, schienen Obama nur noch entschlossener zu machen.
Ben Rhodes, Berater im Weißen Haus, der Teil der behördenübergreifenden "Iran Small Group" war, schildert jetzt in einem Interview die vielen Schritte der US-Regierung, Zuckerbrot und Peitsche zu kombinieren. Stärkend für die USA war die weltweite Unterstützung der Sanktionen gegen den Iran.
Der Trumpf der USA war die Entdeckung, dass der Iran heimlich eine Anreicherungsanlage in Fordow errichtet hatte, tief in einem Gebirge. Obama beauftragte die CIA und andere US-Geheimdienste, mehr Informationen darüber zu sammeln - wenn der Iran unaufrichtig ist, verdient er Sanktionen. Und Obama kurbelte im Geheimen die Stuxnet genannten Cyberangriffe an.
US-Außenminister John Kerry startete im Dezember 2011, als er noch Senator war, Geheimkontakte mit dem Oman über die Vermittlung eines Atomabkommens mit dem Iran. Danach beschleunigten sich die diplomatischen Schritte und mehr geheime US-Missionen folgten.
William Burns und Jacob Sullivan, Chefberater der damaligen Außenministerin Hillary Clinton, kamen 2012 mit den Iranern in Oman zu Geheimtreffen zusammen. Sie machten derart große Fortschritte, dass bereits im November 2013 ein vorläufiges Abkommen unterzeichnet werden konnte. Der Durchbruch kam, nachdem Hassan Rouhani Mitte 2013 zum iranischen Präsidenten gewählt worden war. Obama schlug ihm in einem persönlichen Brief Verhandlungen vor und Geheimgespräche begannen.
Rhodes beschreibt Netanjahus Drohungen, den Iran anzugreifen, als Motivator der weltweiten Unterstützung der US-Diplomatie: "Ihre Wucht erzeugte ein nützliches Gefühl der Dringlichkeit." Obama hofft, der Deal wird zu mehr Gleichgewicht und schließlich zu mehr Stabilität im Nahen Osten führen. Kann sein, aber im Moment ist es die Geschichte eines risikoreichen Diplomatiewagnisses, das funktioniert hat.
Übersetzung: Hilde Weiss