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Den zweiten Bezirk der französischen Hauptstadt regiert ein Grüner.
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Paris wirkt nach den Wahlen ein wenig wie das verzankte Dorf aus Asterix’ "Der große Graben". Nach den Gemeinderatswahlen ist die linke Seite tiefblau gefärbt, weil in den dortigen Bezirken die konservativen Kandidaten gewonnen haben. Rechts ist alles rot. Und dann gibt es noch in der Mitte den kleinsten aller Pariser Bezirke. Das ist der zweite und der ist grün, denn dort ist Jacques Boutault erneut zum Bürgermeister gewählt worden und ist somit ein Unikum. Der 53-Jährige ist Sohn eines Angehörigen der Garde Républicaine (also jener Spezialeinheit, die für den Schutz von Präsident, Regierung und Parlament zuständig ist) und einer Schneiderin. Schon als Schüler engagierte er sich in Menschenrechtsorganisationen, bei Greenpeace und der globalisierungskritischen Organisation Attac. Er studierte Publizistik, wurde Journalist und trat später in den Pressedienst der staatlichen Arbeitslosenstelle ein. 1996 begann er für seinen zweiten Bezirk aktiv zu werden. Er gründete die Vereinigung "Gut leben im zweiten Bezirk", ging in die Politik und kandidierte 2001 für die Grünen. Boutault wurde auf Anhieb Bürgermeister des zweiten Bezirks, der bis dahin fest in konservativer Hand war. Während er im ersten Wahlgang an dritter Stelle und noch hinter den Sozialisten landete, wurde er im zweiten an die Spitze einer gemeinsamen linken Liste gesetzt und gewann. Bei den nächsten Wahlen 2008 wiederholte er das Kunststück. Zu seinen starken Unterstützern im Bezirk zählt allerlei Prominenz aus dem Kulturbereich, unter ihnen Gérard Depardieu oder die Sängerin Sapho. Seine Politik zeigt eine klar grüne Linie: Ausbau der Grünflächen, generelles Tempo 30, Öffnung des Gartens der Nationalbibliothek für die Öffentlichkeit, um nur einige zu nennen. Boutault brüstet sich damit, die Zahl der Sozialwohnungen vervierfacht und jene der Krippenplätze verdoppelt zu haben. Ein besonderes Anliegen war ihm die Einführung von Bio-Lebensmitteln in Schulkantinen. Sein Weg gefällt offenbar: 2014 schaffte er es erstmals, bereits nach dem ersten Wahldurchgang die meisten Stimmen zu erhalten. Im zweiten gewann er dann wieder mit Unterstützung der vereinigten Linken, bei der er sich so bedankte: "Wir werden ein anspruchsvoller Partner sein, manchmal vielleicht ein bisschen ungezähmt, aber immer loyal."