Georgiens Landwirtschaftsminister über schwierige Nachbarn, Österreichs beispielhaften Weintourismus und "cooles" Bauerndasein.
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Georgien ist Schwerpunktland der österreichischen Entwicklungshilfe. Die staatliche Austrian Development Agency (ADA) unterstützt die frühere sowjetische Teilrepublik intensiv im Bereich der Land- und Forstwirtschaft. Es geht um Produktivitätssteigerung, Nachhaltigkeit und Bewusstseinsbildung beim Umweltschutz. Die "Wiener Zeitung" hat darüber mit Landwirtschaftsminister Levan Davitashvili gesprochen.
"Wiener Zeitung":Was unternehmen Sie, damit die landwirtschaftliche Produktion in Georgien effizienter wird und man sich gegen politischen Druck von außen - etwa Importstopps durch Russland - absichern kann?
Davitashvili: Ohne das nötige Wissen und moderne Technologien sind wir nicht wettbewerbsfähig. Wir organisieren Kooperativen, dann ist es leichter, Know-how zur Verfügung zu stellen. Außerdem unterstützen wir Jungbauern. Die Jüngeren sind bereit, sich auf neue Technologien einzulassen. Ich sage in meinen Reden immer, dass Bauer-Sein eine Herausforderung darstellt - aber es ist attraktiv. Junge Leute suchen das Abenteuer. Landwirtschaft ist Abenteuer, es ist "cool".
Welche Rolle spielt der russische Markt? Diplomatische Beziehungen gibt es ja keine, wie spielt sich der Alltag mit einem schwierigen Nachbarn ab?
Gerade deshalb ist die EU wichtig, so können wir unsere Exporte diversifizieren. Für uns ist es wichtig, dass wir uns der EU annähern. Der Handel mit der EU wächst, er macht jetzt schon ein Drittel aus. Aber Russland bleibt ein wichtiger Markt, weil es ein traditioneller ist. Da gibt es Vorteile schon alleine wegen der geografischen Nähe. Jetzt werden China und Südostasien und die USA zunehmend wichtiger. Die Handelsbeziehungen mit unserem Nachbarn sind fragil, immerhin hält Russland einen Teil unseres Territoriums besetzt. Wir bemühen uns aber um eine friedliche Politik. Als Russland ein Embargo verhängt hat, haben wir das nicht getan. Wir tun alles, um die Beziehungen zu unserem Nachbarn zu verbessern; es hängt aber nicht nur von uns ab.
Produziert Georgien genug Nahrungsmittel für den Eigenbedarf?
Wir sind zum Teil auf Importe angewiesen, vieles können wir aber lokal produzieren. Wir wollen nicht überall autark sein, aber unsere Landwirtschaft hat hohes Potenzial. Was etwa Getreide betrifft - das können wir sehr preisgünstig von unseren Nachbarn importieren. Aus Gründen der Versorgungssicherheit werden 35 Prozent unseres Getreidekonsums lokal produziert. Das können wir aber steigern. Wir können unsere Bevölkerung und die Touristen, die zu uns kommen - zuletzt waren es 6 Millionen - gut versorgen und unsere Produktion künftig steigern.
Im Tourismus-Bereich gibt es in Georgien ganz offensichtlich großes Potenzial. Welche Projekte sind gemeinsam mit Österreich vorstellbar?
Alles, was mit Skifahren zu tun hat, hat Verbindungen zu Österreich. Österreichische Firmen sind hier seit den 80ern des vorigen Jahrhunderts aktiv. Doppelmayr hat Lifte gebaut. Was Skifahren betrifft, haben wir großes Potenzial im Kaukasus, da gibt es Raum für Kooperationen. Auch was die Strategie betrifft, um den Bergtourismus zu fördern. Da können wir viel von Österreich lernen. Und ein großer Teil unserer Kultur ist mit dem Wein verbunden. Das kann für viele Besucher interessant sein, auch für heimische Touristen. Alles hat hier eine Verbindung zu Wein, nicht nur die alten Legenden. Was Weintourismus betrifft, ist für mich übrigens das "Loisium" in Langenlois beispielgebend. Auch die Badeorte am Schwarzen Meer können für österreichische Touristen interessant sein. Ich persönlich ziehe das Schwarze Meer dem Mittelmeer vor. Das Wasser ist weniger salzig. Es wird mit jedem Jahr attraktiver.
Die "Wiener Zeitung" hat das Gespräch, gemeinsam mit dem ORF, der "Kleinen Zeitung" und der APA geführt.Ermöglicht hat das Gespräch die ADA.