Zum Hauptinhalt springen

Der Handel startet wieder durch

Wirtschaft
Not macht erfinderisch: Stationäre Bekleidungshändler hatten es in der Corona-Krise besonders schwer, ihre Ware anzubringen und Umsatz zu generieren.
© WZ

Die privaten Konsumausgaben haben sich in der Corona-Krise drastisch reduziert. Jetzt braucht es wieder positive Impulse, sagt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 3 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Corona hat die Konsumfreude der Österreicher spürbar gedämpft: Die privaten Haushaltsausgaben brachen im Vorjahr real um 8,2 Prozent auf 192,5 Milliarden Euro ein. Das hat auch den Handel - mit 603.000 Beschäftigten zweitgrößter Arbeitgeber im Land - hart getroffen. Der Einzelhandel verbuchte insgesamt zwar nur ein reales Umsatzminus von rund 1,3 Prozent auf 67,6 Milliarden Euro, bei einer Betrachtung nach Branchen zeigen sich jedoch in vielen Bereichen tiefe Einschnitte.

Den stationären Modehandel traf es mit einem Umsatzeinbruch von 24 Prozent am härtesten. Wintersportgeräte-, Schmuck- und Schuhhändler mussten Verluste von weit über 15 Prozent hinnehmen, geht aus dem jüngsten Branchenradar von Kreutzer, Fischer & Partner hervor. Besonders Händler in Tourismusregionen und Großhändler, die die Gastronomie beliefern, beklagen dramatische Umsatzeinbußen bis hin zu Totalausfällen.

Im Onlinehandel hat sich die Wachstumsdynamik verstärkt. Hier betrug das Ausgabenplus 17 Prozent. Von diesem Boom profitierten - wenig überraschend - hauptsächlich Amazon & Co. Nur jedes dritte Paket, dass die Österreicherinnen online bestellen, wird bei heimischen Webshops gekauft. Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands, pocht daher einmal mehr auf die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen, allen voran eine faire Besteuerung für alle Marktteilnehmer.

Weiters brauche es eine Senkung der Lohnnebenkosten. Nur in drei Ländern der EU würden Durchschnittsverdiener weniger Nettolohn von ihrer erwirtschafteten Leistung erhalten als in Österreich. Ein Anliegen ist dem Handelsverband auch die Abschaffung der Mietvertragsgebühr. Will: "Die Abschaffung dieser Papiersteuer aus Maria Theresias Zeiten ist überfällig."

Längst überfällig sei auch das ab 1. Juli 2021 geltende Aus für die 22-Euro-Freigrenze für Pakete aus Nicht-EU-Ländern. Österreich werde nach wie vor mit China-Paketen geflutet, indem die Freigrenze vorsätzlich ausgenutzt werde. Künftig werde die EU ein sieben Milliarden Euro großes Steuerschlupfloch für asiatische Onlinehändler endlich schließen.

Wer glaube, neben dem stationären Angebot ganz einfach auch noch ein digitales aufziehen zu können, liege falsch, betonte Branchenradar-Geschäftsführer Andreas Kreutzer, denn: "Im Onlinehandel gelten ganz andere Spielregeln." Es müsse auch nicht jeder stationäre Einzelhändler einen Webshop haben. Vielmehr könnten kleine Geschäfte mit Kundenbindungsprogrammen punkten. Will gesteht ein, dass die Kunden immer anspruchsvoller werden. Sie würden zum Beispiel immer schneller gereizt reagieren, wenn sie im Geschäft einmal kurz warten müssten.

Wieder mehr Kunden in die Geschäfte lassen

Der Handel begrüße die Öffnungsschritte in Gastronomie und Freizeitwirtschaft, so Will. Er wünscht sich die Rückkehr zur 10-Quadratmeter-Regelung in den Geschäften, damit auch die Umsätze zurückkommen. Seit dem Ende des dritten harten Lockdowns müssen pro Kunde 20 Quadratmeter Verkaufsfläche zur Verfügung stehen, was vielerorts dazu führt, dass sich Menschenschlangen vor den Geschäften bilden. "Der Handel ist kein Corona-Hotspot", ist Will überzeugt. Die Kunden würden es sicher auch begrüßen, keinen Mund-Nasen-Schutz mehr tragen zu müssen.

Der stationäre Handel erhofft sich durch die Rückkehr zu den normalen Geschäftszeiten und die Lockerungen der Corona-Regeln für Beherberhungsbetriebe, Cafés und Wirtshäuser pro Woche einen Mehrumsatz von 100 Millionen Euro im Vergleich zur bisherigen Umsatzentwicklung seit der Öffnung des Handels.

Wie nachhaltig der Aufschwung tatsächlich ist, werde sich allerdings erst in den kommenden Wochen zeigen.(ede)