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Der Herr des Schneeballsystems

Politik
"Mr. Trump hatte mit der Darstellung eines Geschäftsmannes im Fernsehen mehr Erfolg als im echten Leben", schreibt die "New York Times".
© reuters/Cedeno

Die von der "New York Times" veröffentlichten Steuerunterlagen des US-Präsidenten bringen zwei Erkenntnisse. Erstens: Donald Trump zahlt fast keine Steuern. Zweitens: Seine Haupteinnahmequelle war das Reality-Fernsehen.


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US-Präsident Donald Trump verkauft sich im Wahlkampf zuallererst als erfolgreicher Geschäftsmann. Er sei "sehr, sehr reich" und habe dieses riesige Immobilien-Reich, inklusive Golfplätzen und zeitweise mit Casinos, von selbst aufgebaut. Dieses Business-Know-how befähige ihn, so erzählt es Trump immer und immer wieder, auch die USA zu führen.

Es ist aber gerade bei Donald Trump nicht alles, wie es scheint. Oder, wie es Trump selbst in seinem Buch "Die Kunst des Erfolges" formuliert hat: "Ich spiele mit den Fantasien der Menschen. Die Leute wollen glauben, dass etwas das Größte, das Beste und das Spektakulärste ist. Es ist eine unschuldige Art der Übertreibung - und eine sehr effiziente Form der Werbung."

Die "New York Times" hat sich nun durch unzählige Steuerunterlagen von Donald Trump und seinen unzähligen Unternehmungen aus den vergangenen zwei Jahrzehnten durchgewühlt, die sie von Informanten zugespielt bekommen hat. Vor allem eklatant war, wie wenig der selbst ausgerufene Milliardär über die Jahrzehnte Steuern gezahlt hatte.

Und ebenfalls augenscheinlich wurde, wie Trump ein Bild des Reichtums und Erfolg vermitteln konnte, während er pausenlos Geld verlor - und damit dann wiederum seine Steuer auf null drücken konnte. "Mr. Trump hatte mit der Darstellung eines Geschäftsmannes im Fernsehen mehr Erfolg als im echten Leben", schreibt die Zeitung vernichtend.

Die Anspielung auf das Fernsehen kommt nicht von ungefähr. Denn Trump, der sich gerne als Immobilien-Magnat und Bauherr inszeniert, hat vor allem als Reality-TV-Star tatsächlich Geld gemacht. In der Show "The Apprentice", die von 2004 bis 2017 gelaufen ist, konnte Trump sich selbst als erfolgreicher Geschäftsmann inszenieren und über Wohl und Wehe von Kandidaten entscheiden, die selbst in der Geschäftswelt Fuß fassen wollten. Dass Trump für "The Apprentice" selbst angeheuert wurde, lag an seinem Image als Business-Ikone. Der Gewinner von "The Apprentice" durfte dann zur Belohnung ein Jahr lang in einem Trump-Unternehmen arbeiten.

Das Fernsehen habe den Immobilien-Mogul dann oft über Wasser gehalten. "The Apprentice" und die damit verbundenen Franchise-Verträge brachten Trump offenbar fast eine halbe Milliarde (427,4 Millionen) Dollar ein. Geld, das er sofort in seine andern Unternehmungen umgeschichtet habe, die ständig Verluste verzeichneten.

Als "The Apprentice" Premiere feierte, nannte Trump erst zwei Golfplätze sein eigen. 2015 waren es dann bereits 15 Golfplätze, und der Bau des Trump International Hotels in Washington war am Laufen. Aber anstatt dass er reicher geworden wäre, zeigten die Steuerunterlagen, dass er mit jeder Neuanschaffung weiter umschichtete.

Während 2016 und 2017 Trump jeweils immerhin 750 Dollar (644,66 Euro) an Bundessteuer zahlte, hat er in zehn von 15 Jahren bis 2017 gar keine Bundessteuern bezahlt.

Viel weniger Steuernals die meisten US-Bürger

Trump habe dabei schwere Verluste aus verschiedenen Geschäftsbereichen geltend gemacht. Unterm Stich habe er viel mehr Geld verloren, als er verdient hat. Dank eines Gesetzes seines Vorgängers Barack Obamas konnte Trump seine Verluste - etwa wegen dem Debakel der Casinos in Atlanta - über mehrere Jahre als Absetzungsbetrag geltend machen. Und nicht nur das wurde abgesetzt; sondern alles, was eine Rechnung war: von Privathäusern über Friseure bis hin zur Bezahlung seiner Kinder, deren Honorare als "Berater" selbstverständlich ein Minus-Posten auf der Steuererklärung geworden ist.

Die Times schreibt sogar: Trumps "finanzielle Verfassung 2015 spricht für die Theorie, dass er das Rennen um das Weiße Haus wenigstens zum Teil als Bühne verwenden wollte, um seinen Namen wieder besser vermarktbar zu machen".

Falls es Trump um den Werbeeffekt der Präsidentschaft gegangen war, ist dieser Plan zumindest ein Stück weit aufgegangen. Zwar jammert Trump immer wieder darüber, dass er Geld verliert, solange er sich als US-Präsident nicht um den Ausbau seines Imperiums kümmern kann. Aber auch das scheint nicht ganz so zu sein. Die Mitgliederzahlen in seinem Mar-a-Lago-Club in Florida sind gestiegen, Lobbyisten haben in Trump-Unternehmungen vermehrt Gelder fließen lassen, seit ihr Eigentümer im Weißen Haus sitzt.

Dem Bericht der "Times" zufolge ist Trump seit langem in einem Rechtsstreit mit der Steuerbehörde IRS verwickelt, bei der es um eine Jahre zurückliegende Steuerrückzahlung von fast 73 Millionen Dollar gehe. Sollte die Behörde sich durchsetzen, müsse Trump dem Bund über 100 Millionen Dollar zahlen. Dazu werden in den kommenden vier Jahren extrem viele Kredite fällig - für 421 Millionen Dollar scheint Trump sogar persönlich zu haften. So könnte Trump theoretisch der erste amtierende US-Präsident werden, der einen Privatkonkurs erklären muss, schreibt die "Times".

Donald Trump hat den Bericht bereits als "Fake News" abgetan.

Am Dienstagabend wird er das erste Mal mit seinem Kontrahenten Joe Biden in einem Fernsehduell aufeinandertreffen. Biden hatte Trump zuletzt vorgeworfen, wie Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels zu lügen. "Er ist in etwa so wie Goebbels. Man erzählt eine Lüge lange genug, wiederholt sie, wiederholt sie, wiederholt sie - und sie gilt als Allgemeinwissen", sagte Biden.(wak)