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Der Höhepunkt des Niedergangs

Von Simon Rosner

Politik

Der Fußball als Symbol für die griechische Tragödie der Neuzeit.


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Athen. Es ist bald acht Jahre her, da entzündete sich rund um das Olympiastadion in Athen ein wahrer Feuerwall. Es war die Eröffnung der Sommerspiele, die sich Griechenland gute zehn Milliarden Euro hatte kosten lassen. Und das Stadion, das der spanische Stararchitekt Santiago Calatrava entworfen hatte, war das Wahrzeichen dieser Spiele, das mit einem gigantischen Feuerwerk zum Fotomotiv inszeniert wurde.

Längst aber ist das Olympiagelände zu einem Symbol für die Verschwendung in Griechenland avanciert. Die teuren Sportanlagen werden kaum noch genützt, immerhin wird das Stadion - gezwungenermaßen und überaus widerwillig - von den Athener Klubs Panathinaikos und AEK bespielt. Wie lange noch, wird sich weisen, denn am Sonntag wurde das Oval bei schweren Ausschreitungen beim Derby zwischen Panathinaikos und Piräus an mehreren Stellen in Brand gesetzt. Wie hoch der Schaden sei, lasse sich nicht ermessen, erklärte ein Sprecher der Stadionverwaltung, jedenfalls sei er sehr groß.

Die jüngsten Krawalle, die 20 verletzte Polizisten forderten und zu fast 60, teils vorübergehenden Festnahmen führten, bilden den vorläufigen negativen Höhepunkt einer schier katastrophalen Entwicklung im griechischen Sport, vor allem im Fußball. Im Jahr der Olympischen Spiele war dagegen das Sensationelle noch Normalität. Griechenland wurde Europameister, alle drei Athener Klubs schafften den Einzug in die Champions League, und der brasilianische Star Rivaldo unterschrieb bei Piräus.

Fangewalt seit Jahren Thema

Schon damals aber, in der Hochzeit, war Fangewalt ein Problem im griechischen Fußball. Zu Derbys wie bei jenem am Sonntag sind seit vielen Jahren nur Heimfans zugelassen, vor allem Pan-
athinaikos und Olympiakos pflegen eine erbitterte Rivalität, die immer wieder Ausschreitungen zur Folge hatte. Im besten Fall sprach die internationale Sportwelt von besonders "enthusiastischen Fans", doch der Fanatismus hatte stets auch eine andere Seite.

Heute ist der Sport in Griechenland, vor allem der Fußball, in einer schweren Krise. Die Zeiten, als die Vereine keine Steuern zahlten, Reeder und andere reiche Geschäftsleute viel Geld für teure, internationale Stars bezahlten, sind vorbei. Der Fußball war das Spielzeug der Eliten, doch dieses Spiel ist zu Ende.

Heute bekommen zwei Drittel der Profis ihre Gehälter zu spät ausbezahlt, einige Klubs sind bereits insolvent, dazu hat ein Manipulationsskandal im Sommer zwei Klubs den Zwangsabstieg eingebracht. Die Fangewalt ist in in dieser Zeit nicht weniger geworden, vor allem hat sie sich sukzessive nach innen gerichtet. Immer wieder wurden Spieler von eigenen Fans attackiert. In einer Umfrage gab kürzlich ein Drittel der Spieler in Griechenland an, bereits Opfer von Gewalt geworden zu sein.

"Ändert endlich den griechischen Fußball", flehte Josu Sarriegi, ein spanischer Verteidiger in Diensten von Panathinaikos, am Sonntag. Doch ob es damit getan ist? Die Krawalle am Sonntag schienen nicht zufällig gewesen sein. Und es traf nicht etwa das alte Stadion von Olympiakos, sondern das ungeliebte Olympiaoval, das Symbol der großen Verschwendung.