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Der Hunger nach Energie wächst

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Bedeutung von Erdgas nimmt zu. | Vor Comeback der Kernenergie? | Fuschl. Der Hunger nach Energie wird weltweit stark zunehmen - allein die Nachfrage nach Öl wird sich innerhalb der nächsten 15 bis 20 Jahre verdoppeln. Der Energiebedarf wird insgesamt um mehr als 40 Prozent zulegen. Derzeit werden 15.200 Terawattstunden (TWh) Energie benötigt, bis 2020 werden es 24.000 TWh sein.


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Eine treibende Kraft wird dabei den Schwellenländern zukommen. Sie werden dann etwa 40 Prozent der gesamten Ressourcen verbrauchen. Eine wesentliche Rolle spielt dabei China dem bis 2020 das vierfache Wachstum vorausgesagt wird, aber auch Indien wird bis dahin eine Menge zusätzlicher Energie benötigen. Trotz allem wird der größte Pro-Kopf-Verbrauch nach wie vor von den "Oiloholics" in den USA, gefolgt von Europa, gegeben sein.

Erdgas wird in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen - seit den 90er Jahren hat es das Öl überholt. Derzeit liegt der Anteil von Gas am gesamten Energiebedarf weltweit bei 20 Prozent, in 15 Jahren wird er auf 32 Prozent hinaufgeschnellt sein. Der Ölanteil macht neun Prozent aus und sinkt bis 2020 auf sechs Prozent .

Siegeszug von Erdgas ist nicht aufzuhalten

Werner Auli, Geschäftsführer der OMV-Erdgasgesellschaft, freut sich über diese Entwicklung. Der Siegeszug von Erdgas ist nicht aufzuhalten, die Reserven dürften noch über 100 Jahre reichen. Das Problem für Europa ist dabei die wachsende Abhängigkeit vom Ausland. Heute kann Europa seinen Gasbedarf noch zu 58 Prozent alleine decken, doch in 15 Jahren sinkt dieser Anteil auf 28 Prozent.

Wer über Gas verfügt, wird auch beim Strom ein gewichtiges Wort mitzureden haben, meint Verbund-Vorstand Johann Sereinig. Russland verfügt über die größten Gasreserven, seine Bedeutung als Lieferant wird bis 2020 stark zunehmen. Doch die Russen wollen sich nicht damit zufrieden geben, Erdgas für Europas Kraftwerke zu liefern. Sie haben lukrativere Pläne: So soll in den nächsten 10 bis 15 Jahren der Strom selbst nach Europa geliefert werden. Was fehlt ist die nötige Leitungsverbindung. Doch mit dem Bau einer Mega-Leitung könnte schon 2008 begonnen werden - die Russen haben sich mit der EU-Kommission darauf geeinigt, dass das Projekt geprüft wird. Federführender Lobbyist ist dabei Anatoly Chrisam, der Chef des größten russischen Stromerzeugers RAO UESR.

Russland: Lieber Strom statt Brennstoff liefern

Schon seit Jahren forciert der Oligarch das für Russland lukrative Vorhaben. Gegenüber der "Wiener Zeitung" bestätigt er, dass er der treibende Motor war - und ist als gewiefter Geschäftsmann siegessicher. Denn er weiß, dass in Europa bis 2020 etwa 600.000 Megawatt neue Kraftwerkskapazität benötigt wird - vorausgesetzt der Stromverbrauch steigt weiterhin um etwa 3 Prozent jährlich.

Doch die Europäer wollen ebenfalls nicht untätig bleiben. Nach einer längeren Baupause sind nun neue Kraftwerke in Planung. Darunter auch fünf neue Atommeiler in Bulgarien, Finnland, Frankreich, Polen und Rumänien.

In der E-Wirtschaft ist man ohnehin überzeugt, dass die Kernenergie wieder an Bedeutung gewinnen wird, sobald der Ölpreis die 100 Euro-Marke überschreitet. Auch in den USA, China und Russland werden neue Kernkraftwerke gebaut. Und Heinrich von Pierer, Aufsichtsratschef von Siemens und Polit-Berater von Kanzler-Kandidatin Angela Merkel, regt an, den Einsatz der deutschen Atommeiler auf 60 Jahre zu verlängern: "Der Strom aus abgeschriebenen Atomkraftwerken ist am billigsten."

Ein düsteres Zukunftsbild zeichnet Franz-Josef Radermacher, Professor für Entwicklungsfragen in Ulm, sollte der Energiekonsum wie bisher ungebremst weiter wachsen: Die Konflikte um fossile Rohstoffe werden verschärft weiter gehen und das Terrorpotential wird steigen. Den weltweiten Umstieg auf Biomasse hält er für einen nicht gangbaren Weg - denn die wachsende Weltbevölkerung braucht das Ackerland zur Nahrungsproduktion.