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Der Hungerwinter

Von Peter Bochskanl

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Als berührendes und ernüchterndes Kontrastprogramm zum konsumrauschigen Weihnachten 2009 brachte ARD am Sonntag die Doku "Hungerwinter" von Alexander Häusser und Gordian Maugg. Zeitzeugen schilderten ihren Überlebenskampf um Nahrungsmittel, Heizmaterial und Kleidung im bitterkalten Nachkriegswinter der Ruinenstädte vor mehr als sechzig Jahren: den ständigen Hunger, den Schwarzmarkt und die vielen Bauern, die höchstens gegen Wertsachen etwas Essbares herausrückten.


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Die Berichte der Augenzeugen über ihre dramatischen Erlebnisse wurden durch eindrucksvolle Schwarz-Weiß-Originalaufnahmen verstärkt - weniger durch die nachgestellten bunten Szenen, in denen laienhafte Wohlgenährte das Elend nicht wirklich vermitteln konnten. Während der Sendung kamen Erinnerungen des damals sechsjährigen Zusehers an die Oberfläche: Er und sein Bruder mussten dank ihrer erfinderischen und sich selbst alles vom Mund absparenden Mutter - der Vater war noch nicht aus der Kriegsgefangenschaft zurück - nicht wirklich hungern. Waren auch das anstrengende und für die Buben lästige Ährensammeln und Wühlen nach Erdäpfeln auf den abgeernteten Äckern und die stets Blasen verursachenden Sandalen aus Autoreifen rasch in Erinnerung gerufen, so war auch der damals köstlich schmeckende Germaufstrich auf dem Kukuruzbrot plötzlich ebenso präsent wie die Knödel mit Schweinsbratensaft, welche die Nachbarin nur ein einziges Mal vorbeibrachte, die Schulausspeisung mit Nudeln im Kakao und die von der russischen Besatzungsmacht mit Kuchenbergen organisierte Weihnachtsjause. Jedenfalls brachte es der nun fast Siebzigjährige auch schon vor der Sendung nicht übers Herz, Lebensmittel wegzuwerfen.