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Peter Prevc springt auf konstant hohem Niveau. Er wird sich den Vierschanzentournee- und Gesamtweltcup-Sieg nicht nehmen lassen.
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Peter Prevc wird Vierschanzentournee-Sieger. Außerdem wird er den Gesamtweltcup gewinnen. Und dass er sich zum Skiflug-Weltmeister kürt, steht sowieso außer Zweifel. Denn die Skisprung-Suppe, die Prevc momentan kocht, enthält viele äußerst delikate Ingredienzien. Sein Absprung ist aggressiv und ästhetisch, sein V aerodynamisch und breit, sein Telemark eine Augenweide. Die Punkterichter goutieren dies durch die Bank mit hervorragenden Haltungsnoten. Wenn Prevc springt, können sie sich eigentlich gleich das Taferl mit dem Zwanziger bereitlegen. Im März 2015 erhielt er die Höchstnote im slowenischen Planica sogar fünfmal - als erst fünfter Springer in der Geschichte des Weltcups.
Und weil Prevc so schön springt, springt er auch weit. Nur eines kann er noch besser als weit springen - weit fliegen. Von seinen neun Weltcup-Siegen gewann er drei auf Flugschanzen. Er kombiniert die flache Flughaltung der Japaner in den 1990er Jahren mit dem Fluggefühl eines Gregor Schlierenzauer in Hochform. Wie die Tragfläche eines Flugzeugs im Sog nach oben scheint er immer weiter vom Hang weg zu segeln. Sein Stil ist prädestiniert für weite Flüge.
Kein Wunder, wuchs der 23-jährige Slowene doch im Schatten der Letalnica bratov Goriek (Skiflugschanze der Gebrüder Goriek) in Planica auf. Sie ist die Mutter aller Flugschanzen. Von 1985 bis 2005 wurde auf der Letalnica 20 Mal der Weltrekord verbessert. Doch schon lange davor schrieb man hier Sprunggeschichte. 1936 sprang Josef "Bubi" Bradl in Planica als erster Mensch mit Skiern über 100 Meter weit.
Fast 80 Jahre später sollte Prevc in seine Fußstapfen treten - wenn auch nicht in Planica. Im norwegischen Vikersund stand er am 14. Februar 2015 den ersten Flug über unglaubliche 250 Meter. Dezent lächelnd blickte er im Auslauf des Riesenbakkens schüchtern auf die Anzeigetafel, während sich die Freudenschreie der Kommentatoren und Kollegen überschlugen.
Diese Form nahm er mit in die neue Saison, die er gewinnen wird. Denn eine Zutat der Prevc’schen Skisprungsuppe geht den anderen Mitstreitern definitiv ab - der gewaltige Hunger zum Gesamtweltcup-Sieg. Ein Hunger, gewachsen in den beiden vergangenen Jahren, in denen er jeweils nur undankbarer Zweiter wurde. Einmal sogar punktgleich mit dem Sieger Severin Freund, der lediglich mehr Einzelbewerbe gewann. Dies wird nicht noch einmal passieren. Prevc wirkt entschlossen und springt auf konstant hohem Niveau. Bei sechs von sieben Bewerben stand er heuer auf dem Stockerl, dreimal sogar ganz oben. Er führt im Weltcup mit 165 Punkten Vorsprung auf den zweitplatzieren Freund. Nun reist er mit dem Engelberg-Doppelsieg in der Tasche als haushoher Favorit zur Vierschanzentournee. Nach sieben Jahren dürfte am Abend des 6. Jänner erstmal kein Österreicher auf dem obersten Podest des Siegertreppchens jubeln.
Denn Peter Prevc wird die Tournee mit Bravour für sich entscheiden. Sven Hannawald kann schon jetzt zu zittern beginnen. Sein Rekord aus der Saison 2001/2002, als einziger Springer alle vier Bewerbe gewonnen zu haben, könnte bei dieser Tournee fallen. Prevc hat es auf alle Fälle in den Beinen.