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In Österreich hat so gut wie jeder Bürger etwas gegen die Hypo-Milliarden einzuwenden. Arbeitsplatzprobleme, Geldnöte, uneinsichtige Behörden, die Suche nach einem geeigneten Kindergarten- oder Schulplatz, sogar die Strafzettel fürs Falschparken - die täglichen Sorgen der Österreicher haben ein Ventil gefunden: "Aber für die Hypo sind plötzlich Milliarden vorhanden." Die Regierung hat den Schock, den ein Desaster in zweistelliger Milliardenhöhe auslöst, sträflich unterschätzt. Wir können nichts dafür, beteuerten Kanzler und Vizekanzler unisono.
Ist uns doch wurscht, so die eindeutige Reaktion der Bürger. Am Sonntag erfolgte plötzlich die Kehrtwende, auch sie ist nicht ganz einfach nachzuvollziehen. Werner Faymann und Michael Spindelegger erklärten im Interview mit der Gratiszeitung "Österreich" plötzlich, die Reform der Untersuchungsausschüsse müsse viel früher kommen. Plötzlich geht also, was noch zwei Tage davor unmöglich schien.
Wie groß die Panik ist, zeigt sich nicht nur am gewählten Medium, sondern auch daran, dass die beiden nicht einmal ihre Partei-Granden vom Sinneswandel unterrichtet hatten. Die Minister Rudolf Hundstorfer und Reinhold Mitterlehner hatten noch am Sonntagabend im ORF tapfer das "Jetzt nicht" zum U-Ausschuss verteidigt. Auch im Parlament wusste niemand davon.
Schwamm drüber, oder? Die Reform des Untersuchungsausschusses liegt ohnehin weitgehend auf dem Tisch, eine Einigung bis zum Sommer wäre ohne weiteres möglich. Das Hypo-Desaster könnte also ab Herbst vom Parlament untersucht werden.
Die politische Frage lautet allerdings auch, ob sich die Opposition das für sie äußerst dankbare Thema vor der EU-Wahl wegnehmen lassen will. Die Umfragen für die Regierungsparteien sind grottenschlecht.
Es wäre also vorteilhaft, wenn die Ideen zur "Stärkung der Demokratie" insgesamt umgesetzt und viel weiter gefasst würden als bisher. Die Vorgänge um die Hypo bringen den Klubzwang ohnehin schon ins Wanken. Was sollen Abgeordnete von ÖVP und SPÖ ihren Wählern sagen? Dass sie eigentlich auch für den Ausschuss sind, aber nicht dafür sein dürfen? Bei zehn Milliarden Euro Schaden sinkt die Chance auf Wiederwahl Richtung null. Kanzler und Vizekanzler haben die Bremsen ansatzlos gelockert, nun müssen sie den Zug auch rollen lassen. Bis in den Bahnhof.