Verschiedene Vakzine versuchen, dem Coronavirus Sars-CoV-2 Herr zu werden. Viele sind mittlerweile schon zugelassen.
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Die Entwicklung von Impfstoffen gegen das neue Coronavirus Sars-CoV-2 ist erst gut ein Jahr alt, aber mittlerweile wurden weltweit bereits dreizehn verschiedene Impfstoffe gegen Covid-19 zugelassen. Weitere 96 Impfstoffe sind mit Stand 15. März 2021 in der Forschungspipeline, so die Website "Covid 19 Track Vaccines". Sie alle verfolgen ein Ziel - die Bekämpfung des Coronavirus Sars-CoV-2.
Dennoch könnte die Wirkweise unterschiedlicher kaum sein: Einige der Wirkprinzipien wurden schon lang für andere Erkrankungen erforscht und für die Impfung gegen Covid-19 adaptiert. Die mRNA- und Vektorimpfstoffe sind neuartige Impfstofftypen, die anders als traditionelle Impfstoffe funktionieren. Hier ein Überblick, welche Impfstoffe bereits im Umlauf sind, welche sich noch in der Entwicklung beziehungsweise kurz vor der Zulassung befinden und auf welchem Weg die Vakzine die gewünschte Immunantwort im Körper hervorrufen.
Die mRNA-Impfstoffe
Bei den Impfstoffen der Hersteller Biontech/Pfizer, Moderna und Curevac bilden Teile der Erbinformation des Virus die Grundlage. Die Herstellung ist ein bisschen kompliziert: Die mRNA für den Impfstoff wird auf der Basis der Geninformation, der DNA des Virus, synthetisch hergestellt. Weil aber Sars-CoV-2 praktisch nur aus RNA mit einer Proteinhülle besteht, muss auch diese DNA, das mehr oder weniger passive Speichermedium für Erbinformation, zuerst hergestellt werden, damit daraus RNA werden kann.
In der Reihenfolge - zuerst DNA, dann RNA - läuft normalerweise auch die Reproduktion und Erneuerung von Organismen ab: RNA wird in Körperzellen laufend als eine Kopie von bestimmten Abschnitten der DNA hergestellt. In diesem Fall passiert die Herstellung von DNA auf einem Mikrochip. Aus dieser DNA wird dann mit Hilfe von Enzymen die Messenger-RNA (mRNA) für das Spikeprotein produziert. Diese mRNA wird anschließend verpackt, weil sie so empfindlich ist.
Würde man sie unverpackt injizieren, würde sie sofort zerstört und gar nicht erst in eine Körperzelle gelangen. Die Verpackung besteht aus Lipiden, die die RNA schützend umschließen. Diese Formulierung der Fetthülle stammt aus Österreich, von der Firma Polymun. Für die Entwicklung der Technologie erhielt die Forschungsleiterin von Biontech, Katalin Karikó, vor kurzem die Wilhelm-Exner-Medaille.
Die Forschungen für den Covid-19-Impfstoff begannen im Januar 2020, aber diese Technologien der Verpackung und der Nutzung von mRNA sind bereits sehr lang in der Erforschung für andere Erkrankungen. Sobald die mRNA für das Spike-Protein in die Körperzelle gelangt, "liest" diese die Erbinformationen aus, übersetzt sie und beginnt, die Elemente des Spikeproteins zu produzieren, für die die Erbinformation vorliegt. Die Spikes werden außen an der Zelle sichtbar und die ganze Kaskade der Immunabwehr kann in Gang kommen - ohne dass infektiöses Material in den Körper gelangt.
Es ist nicht möglich, dass aus der mRNA ein Virus entsteht. Wie Reinhard Würzner, stellvertretender Direktor des Instituts für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie an der MedUni Innsbruck, formuliert: "Das ist so, als ob Sie anhand eines Bauplans für die Kühlerfigur das gesamte Auto nachbauen müssten. Das geht nicht. Sie können nur die Kühlerfigur nachbauen und lernen, die Automarke zu erkennen."
Die Corona-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna sind bereits zugelassen, auch in Österreich; Curevac befindet sich noch in klinischen Studien. Im März hat Moderna mit der Entwicklung eines Impfstoffs speziell für die Südafrika-Variante B.1.351 Variante begonnen.
Die Vektorimpfstoffe
AstraZeneca, Sputnik V, Johnson & Johnson sowie Sinovac sind sogenannte Vektorimpfstoffe. Bei den Vektorimpfstoffen werden andere Viren als Trägermedien (Vektoren) genutzt: Sie sollen Erbinformation von Sars-CoV-2 in die Körperzellen bringen, um so die gewünschte Immunreaktion auszulösen. Die Vektorimpfstoffe sind wie auch die mRNA-Impfstoffe genbasiert: Auch sie lassen den Erreger, das Antigen - in dem Fall Elemente des Spikeproteins -, durch die Körperzellen herstellen.
Sie vollziehen damit nach, was auch Viren natürlicherweise tun: Weil Viren sich nicht selbstständig vermehren können und keinen eigenen Stoffwechsel haben, sind sie für ihre Vermehrung darauf angewiesen, die Ressourcen von Zellen zu nutzen. Viren sind deshalb auch besonders gute Vektoren: Sie sind darauf spezialisiert, ihr Erbgut in andere Organismen einzuschleusen. Vektorimpfstoffe nutzen das aus und unterscheiden sich damit von traditionellen Impfstoffen, die auf Elementen des Erregers selbst basieren.
Bei diesen Vektorimpfstoffen kommen Grippeviren zum Einsatz: Im Fall von AstraZeneca sind es Adenoviren, die bei Schimpansen eine Grippe verursachen können. Sputnik V und Johnson & Johnson setzen ebenfalls Adenoviren ein, im Fall von Sputnik V sind es sogar zwei verschiedene. Auf diese Weise wird erreicht, dass auch die zweite Dosis Impfstoff noch bis in die Körperzellen vordringt und nicht schon vorher durch Antikörper gegen den Vektor aufgehalten wird, die sich vielleicht nach der ersten Dosis gebildet haben. Die etwas höhere Wirksamkeit von Sputnik V im Vergleich zu AstraZeneca wird unter anderem auf diesen "Trick" zurückgeführt.
Um die Adenoviren zu Antigen-Taxis zu machen, werden sie zunächst ihrer eigenen DNA beraubt, diese wird durch die DNA von Sars-CoV ersetzt, die man zuvor im Labor aus der RNA des Virus künstlich hergestellt hat. Die Adenoviren sind somit außerstande, selbst eine Grippe verursachen zu können. Die DNA des Virus wiederum enthält nur die Erbinformation für das Spikeprotein und ist somit keine geeignete Grundlage für ein komplettes Virus. Gewissermaßen im Gewand eines fremden Virus gelangt die DNA in die Körperzellen, wo sie ausgelesen und schließlich das Spikeprotein von Sars-CoV-2 hergestellt wird, was wiederum die gesamte Kette der Immunabwehr in Gang setzt und die Antikörper entstehen lässt, die für die Immunisierung sorgen.
AstraZeneca, und Johnson & Johnson sind in Europa wie auch in den USA und weiteren Ländern zugelassen, Sputnik V hatte eine Zulassung in Europa beantragt und wird bereits in Russland, in einigen Mitgliedsstaaten der EU und vielen weiteren Ländern eingesetzt.
Die Totimpfstoffe
Die Vakzine VLA2001 des österreichisch-französischen Pharmakonzerns Valneva, der Impfstoff des US-Unternehmens Novavax (NVX-CoV2373) und CoronaVax der chinesischen Sinovac Biotech sind sogenannte Totimpfstoffe. Während sich Letzterer zwar noch in Brasilien in der Phase-III-Studie befindet, hat er in China bereits die Notfallzulassung erhalten. Dort wurden schon hunderttausende Menschen damit geimpft.
Novavax wird derzeit in Großbritannien und in den USA in der Phase III getestet. Das Vakzin ist ein Totimpfstoff mit einem genetisch hergestellten Virusantigen und einem Adjuvans. Solch ein Adjuvans ist ein Stoff, der die Wirkung des eigentlichen Serums noch verstärkt. Für gewöhnlich bestehen Totimpfstoffe aus inaktivierten Viren, die sich nicht mehr vermehren können und dem Körper dazu verhelfen, beim Eindringen des Erregers Bestandteile des gesamten Virus in seiner natürlichen Form zu erkennen. In Folge entwickelt der menschliche Organismus die gewünschte schützende Immunantwort.
VLA2001 von Valneva ist der erste inaktivierte Impfstoff gegen Covid-19 in klinischer Entwicklung innerhalb von Europa. Die ersten Ergebnisse aus der Phase I/II sollen Anfang April vorliegen. Das Phase-III-Design wird derzeit ausgearbeitet, heißt es auf Anfrage beim Pharmaunternehmen. Die Impfstoffproduktion selbst läuft schon auf Hochtouren, um bei erfolgreichem Abschluss im vierten Quartal dieses Jahres bereits die Lieferungen abwickeln zu können.
Die Herstellung von Totimpfstoffen ist ein schon lange bekanntes Verfahren. Zu ihnen zählen auch Vakzine gegen Polio (Kinderlähmung), Tetanus, Keuchhusten, Diphtherie, Hepatitis B und Haemophilus influenzae Typ b. Impfstoffe mit inaktivierten Viren sind im Üblichen auch besser verträglich. In Bezug auf Wirksamkeit und Sicherheit zeigt sich eine anschauliche Erfolgsbilanz. Ein inaktivierter Covid-19-Impfstoff wäre für eine breite Anwendung insbesondere auch besonders anfälligen Bevölkerungsgruppen, heißt es seitens Valneva. Möglicherweise könnte damit auch ein Kandidat für Kinder zur Verfügung stehen. Die derzeit verfügbaren Vakzine sind erst ab 16 beziehungsweise 18 Jahren zugelassen.