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Der Irak-Krieg kehrt in die USA zurück

Von Michael Schmölzer

Analysen

Das Blutbad von Fort Hood zeigt eine beängstigende Entwicklung auf. | Ein Major hat auf dem US-Stützpunkt Ford Hood ein unvorstellbares Blutbad angerichtet, ein Massaker, das mit Sicherheit schwere Folgen haben wird. Denn der Amokläufer - als korrekt, pflichtbewusst und ambitioniert bekannt - ist nicht nur Armee-Psychiater, sondern vor allem Moslem.


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Jetzt ist zu befürchten, dass Muslime als Konsequenz der Wahnsinnstat nicht nur in der US-Armee, sondern auch in der amerikanischen Gesellschaft erneut genauer unter die Lupe genommen - und massiv angefeindet werden. Man erinnert sich an die Tage unmittelbar nach 9/11, als Moslems oder Menschen, die danach aussahen, in den USA willkürlich attackiert wurden.

Die Motivation des Täters liegt im Dunkeln, das FBI hat aber bereits begonnen, Islamisten-Homepages nach dem Namen des Amokläufers zu durchforsten. Dabei machen Besonnene darauf aufmerksam, dass man möglicherweise einer falschen Spur nachgeht.

Einige Indizien sind hier beachtenswert: Tatsache ist, dass Nidal Malik Hasan gläubiger Moslem war. Es gibt Hinweise darauf, dass der Mann deshalb unter dem Krieg, den die USA im moslemischen Irak führen, gelitten hat. Es gibt aber auch Indizien, dass er wegen seines Glaubens in der US-Armee schikaniert worden war. Allgemein bekannt ist, dass in militärischen Strukturen Demütigungen aller Art ihren fixen Platz haben.

Zweitens weisen Experten darauf hin, dass es sich bei Amokläufen immer um eine Form des erweiterten Selbstmordes handelt. Im Vordergrund steht der eigene Tod, in den andere, unschuldige Außenstehende, integriert werden. Ein Amoklauf ist demnach die Tat eines Verzweifelten, ein Selbstmordanschlag ist die eines Fanatikers.

Drittens: Nidal Malik Hasan war als Armeepsychiater unmittelbarer mit den Folgen des Krieges im Irak konfrontiert als die meisten anderen Soldaten. Und die Folgen dieser Einsätze - diese Folgen musste der spätere Amokläufer behandeln - sind erschreckend: Die meisten Patienten leiden unter PTSD - Post-Traumatic Stress Disorder - eine heimtückische Krankheit, die viele ihr ganzes Leben lang verfolgt. Je länger der Krieg im Irak dauert, desto höher die Wahrscheinlichkeit einer Traumatisierung. Die Betroffenen werden häufig kriminell oder zu Alkoholikern. Der Amokläufer war kurz vor seiner Verlegung in den Irak und er hat genauer als andere gewusst, was ihn dort erwartet.

Was aber wirklich beunruhigt: Das Blutbad von Fort Hood zeigt auf, dass der Krieg im Irak damit begonnen hat, in das Land, von dem er seinen Ausgang nahm, zurückzukehren.