Der iranische Botschafter in Wien, Ebrahim Sheibany, im Gespräch. | "Wiener Zeitung" : Es gibt ein neues Gesprächsangebot Teherans im Atomstreit, auch ein Treffen zwischen dem EU-Chefverhandler Javier Solana und seinem iranischen Kollegen Saeid Jalili wurde für Oktober anberaumt. Wie geht es weiter? | Ebrahim Sheibany: Unsere Position ist ganz klar. Der richtige Ort für die Klärung spezifischer Fragen, die unser Atomprogramm betreffen, ist die internationale Atomenergiebehörde (IAEO).
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Für allgemeine Fragen auf internationaler Ebene, sei es politisch oder wirtschaftlich, sind wir aber auch bereit, mit Vertretern der fünf UN-Vetomächte und Deutschland zu sprechen.
Einen Stopp der Urananreicherung schließen Sie aus?
So ist es. Allerdings reichern wir Uran nur unter IAEO-Aufsicht an. Die Forderung ist rechtswidrig. Wie kann man uns als vollwertiges IAEO-Mitglied das Recht auf Anreicherung wegnehmen wollen? Was unterscheidet uns von Brasilien, Frankreich oder Japan? Wir haben gesagt, dass wir nach keinen Nuklearwaffen streben und auch keine Atombombe bauen, und dabei bleiben wir auch. Noch ein Satz zum jüngsten iranischen Gesprächsangebot: Mein Land will einen ehrlichen Beitrag zur Stabilität und Sicherheit der Region leisten. Der Iran ist für kein Land der Welt eine Gefahr.
Nicht einmal für Israel?
Nicht einmal für Israel. Der Iran hat nie gesagt, dass es Israel militärisch angreifen wird, Israel droht aber jede Woche erneut genau damit. Wenn Vertreter aus meinem Land gesagt haben, dass Israel in dieser Form nicht existieren soll, dann ist damit das zionistische System und die Zwangsherrschaft gemeint, keine Auslöschung Israels mit einem Militärangriff.
Die USA sprechen aber davon, dass Teheran genug Nuklearmaterial hat, um die Bombe zu bauen...
Nur die Tatsache, dass ein Land das nötige Material hätte, heißt nicht automatisch, dass man die Bombe hat. Wir reichern Uran für friedliche Zwecke an. Alles andere würde den Grundsätzen unseres muslimischen Glaubens widersprechen.
Wo setzt Ihre Regierung künftig ihre außenpolitischen Akzente?
Die Beziehungen zu Europa sind derzeit etwas angeschlagen. Daher haben wir die Beziehungen zu anderen Ländern intensiviert. Etwa zu China, wo sich das bilaterale Handelsvolumen von drei auf 23 Milliarden Dollar erhöht hat. Wir sind aber bemüht, mit allen europäischen Ländern gute Beziehungen zu unterhalten.
Kommen wir nun zur Präsidentschaftswahl: Was sagen Sie zu den Vorkommnissen rund um den Urnengang - Stichwort Menschenrechte, Wahlbetrugsvorwürfe etc.?
Der Vorwurf des Wahlbetrugs ist absurd. Tausende Menschen haben den Urnengang überprüft. Es war eine korrekte Wahl. Zu den Anschuldigungen: Wenn Millionen von Menschen auf die Straße gehen, randalieren und Scheiben einschlagen, ist es klar, dass es seitens der Exekutive Reaktionen gibt.
Einige feindliche Kräfte haben diese Proteste zudem missbraucht. Nehmen wir Neda Agha-Soltan, das erschossen wurde. Sie war gar nicht bei den Protesten dabei, sondern in einer Seitengasse unterwegs. Feindliche Gruppen, wie die Volksmujaheddin oder ähnliche Gruppen sind für ihren Tod verantwortlich. Das war kein Einzelfall. Wie Sie wissen, ist auch der Schrein des Revolutionsvaters Khomeini geschändet worden.
Und die knüppelnden Bassij-Milizen?
Wenn solche Massendemonstrationen stattfinden, wird die Exekutive schon einmal nervös und wütend. Da kommt es dann auch zu Schlägereien. Es kann auch sein, dass in manchen Gefängnissen Dinge passiert sind, die nie hätten passieren dürfen. Diese Dinge sind aber keineswegs von der Regierung angeordnet worden. Ein Vergleich: Denken wir zum Beispiel an die Geschehnisse im Abu-Ghuraib Gefängnis. Diese Dinge sind ja auch nicht auf Geheiß Londons oder Washingtons passiert. Ich versichere Ihnen, dass alle Straftäter, natürlich auch solche, die den Milizen angehören, auf das Härteste für Misshandlungen und Straftaten zur Rechenschaft gezogen werden. Verbrecherische Gefängniswärter, die eigenhändig handeln sind nicht gleichzusetzen mit der Regierung. Die Menschenrechte in unserem Land stützen sich auf den Islam und dieser ist eine friedliche Religion.
Zur Person
(af) Ebrahim Sheibany (60) gilt als einer der renommiertesten Wirtschaftsexperten im Iran. Seit Mai 2008 ist der ehemalige Ex-Zentralbank-Chef Botschafter in Österreich und soll vor allem das Nabucco-Projekt finalisieren.