Die Voestalpine leidet unter der gedrosselten Produktion der Autobauer. Kurzarbeit in deutschen Werken.
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Im Corona-Jahr 2020 klaffte noch ein tiefes Loch in der Halbjahresbilanz der Voestalpine. Dank starker Konjunkturerholung hat der Linzer Stahlverarbeiter diese Scharte inzwischen jedoch ausgewetzt. Für das erste Geschäftshalbjahr (April bis Ende September) meldete der oberösterreichische Großkonzern am Mittwoch einen Nettogewinn von fast 486 Millionen Euro. Vom zweitbesten Halbjahresergebnis in der Firmengeschichte war die Rede. Dennoch gibt es mehrere Wermutstropfen. Neben den gestiegenen Rohstoff- und Energiepreisen sind das vor allem die Probleme in der Autoindustrie, die derzeit wegen Lieferengpässen bei Mikrochips nur eine gedrosselte Produktion fahren kann.
Nach wie vor leidet das Zuliefergeschäft der Voestalpine darunter. Für den Konzern ist die Autoindustrie eine wichtige Kundenbranche, weltweit - insbesondere in Deutschland - werden große Produzenten mit Karosserieteilen und Blechen beliefert. In einer Online-Pressekonferenz sprach Finanzvorstand Robert Ottel von "wirtschaftlichen Schäden", zumal die Entwicklung beim Abrufen von Voest-Produkten mit der Produktion in den eigenen Werken "zum Teil nicht koordinierbar" gewesen sei.
Vor diesem Hintergrund sieht sich das oberösterreichische Traditionsunternehmen nun zu Kapazitätsanpassungen gezwungen. Voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner sagte, dass für die deutschen Autozulieferwerke teilweise Kurzarbeit angemeldet sei. In Österreich sei dies jedoch nicht nötig, hier würden Zeitkonten abgearbeitet.
Chipmangel noch bis 2022
Eibensteiner geht davon aus, dass die Lieferschwierigkeiten in der Halbleiterindustrie vermutlich noch bis Mitte 2022 anhalten: "Wir hören das von unseren Kunden." In diesem Zusammenhang sei jedenfalls wesentlich, dass die reduzierte Produktion von Autos nicht auf eine Nachfrageschwäche zurückzuführen sei. Die Nachfrage der Endkonsumenten sei ungebrochen hoch. Und so gesehen sei auch zu erwarten, dass sich das Abrufen von Voestalpine-Produkten durch die Autoindustrie zum Teil nur zeitlich verschieben werde.
Trotz des gebremsten Geschäfts in der Autozuliefersparte - alle anderen Marktsegmente wie Bau, Maschinenbau, Konsumgüter, Öl und Gas sowie Luftfahrtindustrie entwickelten sich im ersten Geschäftshalbjahr positiv - hält Eibensteiner an der Gewinnprognose für das Gesamtjahr 2021/22 fest. Demnach rechnet der Manager weiterhin mit einer kräftigen Steigerung des operativen Ergebnisses (Ebitda) von 1,1 Milliarden auf 1,9 bis 2,2 Milliarden Euro.
Dass der Ausblick gleichgeblieben ist und die Halbjahresergebnisse im Rahmen der Markterwartungen lagen, war der Börse offenbar zu wenig. Der Kurs der Voestalpine-Aktie brach am Mittwoch im Handelsverlauf um bis zu 6,4 Prozent auf 31,32 Euro ein.
Neues Edelstahlwerk
Zum jüngsten Lohnabschluss der Metaller, der - wie berichtet - eine Erhöhung der Ist-Löhne um 3,55 Prozent vorsieht, sagte Eibensteiner: "Der Abschluss war hoch." Das bedeute, "dass wir diese zusätzlichen Kosten durch Effizienzsteigerungen kompensieren müssen". Eine konkrete Zahl zu den Mehrkosten für den Konzern wollte Eibensteiner nicht nennen, er sprach jedoch von einem "mittleren zweistelligen Millionenbetrag".
Nichts Neues gibt es unterdessen zum Bau des neuen Edelstahlwerks im steirischen Kapfenberg, dem zurzeit größten Investitionsprojekt der Voestalpine. "Wir arbeiten intensiv daran, die Anlagen fertigzustellen", berichtete Eibensteiner. Lieferverzögerungen bei den Anlagenlieferanten gebe es keine mehr. Geplant ist, das neue Werk, dessen Bau am Ende um die 400 Millionen Euro gekostet haben wird, Mitte 2022 voll in Betrieb zu nehmen.
Angesprochen auf die bei der Weltklimakonferenz in Glasgow ventilierte Initiative für ein Ende des Verbrennungsmotors (Österreich und 23 weitere Länder sowie sechs große Autohersteller sind dabei), sagte Eibensteiner: "Wir sehen im Bereich Elektromobilität gute Chancen. Wir können diese Umwandlung auf E-Autos und ,Hybride‘ begleiten." Für Verbrennungsmotoren selbst liefere man nur geringe Mengen an Bestandteilen.
Der Voestalpine-Konzern ist weltweit mit rund 500 Firmen und Standorten in mehr als 50 Ländern auf allen fünf Kontinenten vertreten. Zuletzt beschäftigte das Unternehmen rund 49.100 Mitarbeiter - gut zwei Prozent mehr als vor einem Jahr.