Zum Hauptinhalt springen

Der Japaner, der ein Chinese ist

Von Stephanie Schüller

Politik
Kein Grund zur Sushi-Panik: Direkt importierte Lebensmittel aus Japan werden streng kontrolliert.
© fotolia/lester120

Was Fukushima für die heimische japanische Community bedeutet.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Mehr als zweieinhalb Jahre sind seit der Atomkatastrophe im Kernkraftwerk Fukushima vergangen. Und noch immer haben die Japaner das Problem nicht im Griff. Die Betreiberfirma Tepco steht in heftiger Kritik. Mittlerweile tritt aus dem havarierten Atomkraftwerk radioaktives Wasser ins Meer. Für viele von uns mag das alles ganz weit weg sein, doch wie geht die japanische Community in Österreich mit diesem Thema um?

Gelassene Japaner

Werner Wiessböck von der Österreich-Japanischen Gesellschaft hält die Japaner für gelassener als die Österreicher: "Fukushima ist immer noch ein großes Thema in Europa, nicht aber in Japan selbst." Die Skepsis der Europäer, was Lebensmittel aus Japan betrifft, kann er deshalb nicht nachvollziehen: "In der EU wird das so gesehen, als sei das dort alles verstrahlt. Im Bereich um das Kraftwerk selbst wird aber nichts angebaut. Da gibt es eine Schutzzone, wo niemand wohnt und auch nichts angebaut wird. Es hat auch bis jetzt noch keinen Strahlentoten gegeben." Die Konsumenten seien laut Wiessböck durch die Medien derart verunsichert, dass sie nichts mehr aus Japan kaufen würden. Fisch direkt aus Japan zu importieren, sei für die Gastronomen aber ohnehin zu teuer: "Der kommt meistens aus der Türkei, Frankreich oder Spanien." Wirklich traditionelle, japanische Restaurants gäbe es in Wien auch nicht viele: "Der Japaner um die Ecke ist meist Chinese oder Koreaner", sagt Wiessböck. Speziell in der Gastronomie könne man laut Wiessböck auch leichter auf alternative Produkte aus Europa ausweichen. "Frustriert ist weniger die Gastronomie als vielmehr die Geschäfte, die Rohstoffe und Lebensmittel wie in japanischen Supermärkten anbieten."

Zu den betroffenen Unternehmern gehört auch Ayumi Kondo, Betreiberin des "Nippon-Ya", ein Asia-Shop in der Faulmanngasse in Wien. Sie importiere nicht mehr direkt aus Japan, sondern über japanische Großhändler innerhalb der EU. "Die behördlichen Wege sind sehr mühsam", klagt Kondo. Sie müsse sich außerdem an die Produkte halten, die bei den Großhändlern gerade verfügbar sind: "Ich versuche durch Großhändler genauso viel zu kaufen wie früher, nur die Palette wird mir vorgegeben, je nachdem, was sie importieren können", erklärt sie. Angesprochen auf europäische Alternativen sagt sie: "Man bekommt viele Sachen nicht mehr, sodass man auf andere Produkte ausweichen muss. Wir versuchen, rein japanische Sojasoße zu verkaufen. Das ist auch der Grund, wieso die Kunden zu uns kommen." Die Einfuhr bestimmter Produkte sei für die Händler erschwert worden: "Es ist wahnsinnig kompliziert und das Schlimmste ist, dass das Ablaufdatum unterwegs fast zur Gänze getilgt wird", sagt, Kundo.

Dieses Problem kennt auch Siegfried Pucher, Gastronomie-Chef des Grand Hotel in Wien. Er ist für das japanische Restaurant "Unkai" zuständig. "Was früher drei Wochen gedauert hat, kann jetzt bis zu drei Monaten dauern", sagt er. Das wirke sich auch auf den Preis aus: "Die Zwischenlagerung muss bezahlt werden. Aber mir ist lieber, es wird genau kontrolliert", so Pucher. Direkt aus Japan importiert auch er nicht. Es sei aber nicht Fukushima der Auslöser, sondern die hohen Preise für verhältnismäßig kleine Importmengen. Skepsis vonseiten der Kunden gab es nur am Anfang: "Da war ein wenig Aufklärungsarbeit notwendig. Die Mitarbeiter müssen auch genau wissen, woher die Produkte kommen", sagt Pucher.

Sicheres Sushi

Bei der Kontrolle von Direktimporten vergeht laut Manfred Ditto, Strahlenschutzexperte des Gesundheitsministeriums, nicht so viel Zeit: "Wir kontrollieren zu hundert Prozent alle Direktimporte. Die kommen am Flughafen an und innerhalb von zwei Tagen ist das Ergebnis da. Das liegt hier nicht ewig herum."

Für die Lebensmittelkontrollen wird Japan in betroffene und nicht betroffene Präfekturen unterteilt: "Produkte aus nicht betroffenen Gebieten brauchen von japanischen Behörden ein Ursprungszertifikat." Diese Produkte werden laut Strahlenschutz-Experte Ditto stichprobenartig kontrolliert. "Produkte aus betroffenen Regionen müssen ein von den japanischen Behörden bestätigtes Messzertifikat haben", erklärt der Experte. Trotzdem werden auch diese Produkte in der EU stichprobenartig kontrolliert.

"Für die Importe aus Japan gibt es eine europäische Verordnung. Da sind Grenzwerte festgelegt und die sind gleich niedrig wie die japanischen Grenzwerte", erklärt Ditto. Diese Werte liegen für Lebensmittel bei 100 Becquerel Cäsium-134 und Cäsium-137 pro Kilogramm, für Säuglings-Lebensmittel oder Milcherzeugnisse bei 50 Becquerel pro Kilogramm.

Wenig Japan-Importe

Selbst wenn Fisch aus dem Pazifik importiert werde, sieht Ditto derzeit keine Gefahr: "Die Verdünnung im Pazifik ist natürlich riesengroß. Sie finden im Pazifik selbst in zehn bis 15 Kilometer Entfernung von Fukushima niedrigere Radioaktivitätswerte als zum Beispiel in der Ostsee durch Tschernobyl. In der Küstenregion um Fukushima herrscht sowieso ein Fischfangverbot."

Fakt ist auch: Die Importe aus Japan halten sich in Grenzen. Auch Ditto weiß: "Selbst wenn man in ein japanisches Restaurant geht, sind die Lebensmittel dort nicht wirklich aus Japan."

Laut Christian Wenzl von der Wirtschaftskammer Wien importierte Österreich im Jahr 2012 Lebensmittel im Wert von 3,9 Millionen Euro aus Japan. Damit liege laut ihm der Anteil von aus Japan importierten Lebensmitteln am heimischen Gesamt-Importvolumen von Lebensmitteln bei 0,03 Prozent.