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Wer nicht überzeichnet, zuspitzt, aufschreit, wird nicht gehört. Das ist quasi die Grundannahme von Politikern und Parteien und aller Medien, deren Selbstverständnis bei ihrer Rolle als Lautverstärker endet. Also wird gehobelt, dass die Späne fliegen, wird verglichen, dass man mit dem Hinken gar nicht mehr hinterherkommt, und werden Abbilder der vermeintlichen Realität gezeichnet, deren wilde Farbkompositionen verlässlich blind machen, sofern nicht all das Schwarz-Weiß jeden Grauton übertüncht. Denn eines ist in der Politik gewiss: Gegen die Hitze in der Küche, in der zusammengebraut wird, was sich in Österreich politische Kommunikation nennt, nimmt sich die Temperatur in der Hölle wie ein lauer Sommerabend aus. Wenn es um die Sprache geht, reizt der Österreicher gerne alle Grenzen aus und verliert dabei mitunter jeden Maßstab, den die Vernunft gebietet. (Die politisierende Literatur schafft es kaum noch, mit einschlägigen Exzessen Schritt zu halten.)
Bei der Spurensuche nach den Verantwortlichen bieten sich eine Reihe der üblichen Verdächtigen an: Natürlich die katholische Kirche, die sich mit dem Überwältigungsprinzip des Barock tief in das kollektive Unterbewusstsein eingeschrieben hat; die verordnete Unmündigkeit bis spät in das 20. Jahrhundert hinein, die das Schimpfen auf alles und jeden zur Ersatzhandlung für tatsächliche Teilhabe stilisiert hat; und es gäbe noch einige weitere Traditionen, an die sich einschlägig anknüpfen ließe.
Dabei wäre es in der Theorie des universell gültigen Hausverstands ganz einfach: Wann immer Politiker (und Medien) das Gefühl haben, ein eigentlich wichtiges Thema erhalte nicht die öffentliche Aufmerksamkeit, die es verdiente oder benötigte, sind Übertreibungen und Überzeichnungen ein probates Mittel zur Kompensation. Wenn dagegen ein Thema bereits am Überkochen ist und legitime Sorgen oder Ängste sich zu Phobien zu steigern drohen, wäre die angemessene Reaktion verantwortlicher Politik, den Lautstärkeregler wieder zurückzudrehen.
Die übergeordnete Aufgabe aller politischen und gesellschaftlichen Kräfte, die sich einem größeren Ganzen verpflichtet fühlen, wäre es, in entspannten Zeiten den Blick für das unpopuläre Notwendige zu schärfen, aber in unsicheren Zeiten den Menschen ein Gefühl von Sicherheit und Stabilität zu vermitteln. Nirgendwo steht geschrieben, dass man eine schwierige oder bedrohliche Situation noch viel schwieriger oder bedrohlicher darstellen muss, als sie ohnehin schon ist. Was die Politik aber natürlich sehr wohl tun muss: sich um die Lösung der dahinterstehenden Probleme kümmern. Überhaupt gerät viel zu oft in Vergessenheit, dass es der eigentliche Job von Parteien ist, die Probleme der Bürger zu lösen.