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"Der Jud’ ist schuld am Klimawandel"

Von Christian Ortner

Gastkommentare

Wer Sympathie für die Klimabewegung hegt, sollte sehen, was sich dort so herumtreibt.


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Es war eine eher unappetitliche Botschaft, die von der internationalen "Fridays for Future"-Bewegung jüngst über Twitter verbreitet wurde. "In den letzten Tagen hat es vermehrt gezielte Verfolgung und Attacken auf Palästinenser gegeben", hieß es da, "das ist eindeutig ein Ergebnis von Israels Apartheid und Neokolonialismus. Als internationales antikoloniales Klimabündnis sind wir solidarisch mit dem palästinensischen Freiheitskampf. Viva Palestine libre!" Man hätte das vermutlich auch etwas einfacher formulieren können, so in der Art von "Der Jud’ ist schuld am Klimawandel" oder so.

Beides wäre gleich dumm und gleich antisemitisch. Dumm ist der Tweet der Klimabewegung, weil Araber in Israel die gleichen Bürgerrechte genießen wie jüdische Israelis, allen voran das Wahlrecht, was im wirklichen Apartheidstaat Südafrika bekanntlich seinerzeit nicht der Fall war; der Vorwurf ist daher eine Art Fake-News. Tatsächlich ist die Denunziation Israels als Apartheidstaat ein klassisches antisemitisches Klischee, das geeignet ist, weltweit den Judenhass zu schüren.

Leider ist die antisemitische Äußerung der Klimabewegung kein Einzelfall, dergleichen Unflat wird immer wieder abgesondert. "Einige Klimaaktivistinnen verbinden die Erderwärmung mit dem Nahost-Konflikt. Dabei überschreiten sie die Grenze zum Antisemitismus", urteilte nach einer Reihe ähnlicher Vorfälle selbst die dezidiert linke deutsche Tageszeitung "taz". Slogans wie "Von Hamburg bis nach Gaza - Klima-Intifada" bestätigen diese Tendenz; der extreme Klimaaktivist Roger Hallam bestritt in der "Zeit" sogar die Singularität des Holocaust und bezeichnete die Shoah als "fast normales Ereignis" wie viele andere Völkermorde der Geschichte der Menschheit. Dass sich "Fridays for Future" in Deutschland ab und zu von derartigen Äußerungen distanziert, ändert nicht viel, vor allem wenn einzelne prominente Mitglieder zeitgleich die ungustiösen Beiträge liken und weiterverbreiten.

Es ist das gute Recht gerade junger Menschen, ihre klimapolitischen Anliegen laut, aktionistisch und gelegentlich auch überschießend zu vertreten. Das enthebt sie aber nicht von der Verpflichtung, sich ein wenig anzusehen, mit wem sie sich da eigentlich gemein machen. Dass Kritiker der Corona-Politik sich mit Neonazis und Rechtsextremen zusammenfanden, wurde von Linken mit Recht kritisiert; die gleiche Kritik müssen sich aber jetzt auch Klimaaktivisten gefallen lassen, die mit Antisemiten gemeinsame Sache machen.

Was übrigens nicht nur für Antisemitismus gilt, sondern auch für linksextreme Töne, die aus dem "Fridays for Future"-Milieu immer öfter zu hören sind. So verkündete Greta Thunberg unlängst, sie kämpfe jetzt auch für die "Überwindung" des angeblich "unterdrückerischen" kapitalistischen Systems: "Es ist ein System - definiert von Kolonialismus, Imperialismus, Unterdrückung und Völkermord des sogenannten globalen Nordens - um Wohlstand anzuhäufen, das heute noch unsere Weltordnung bestimmt." Hier wächst zusammen, was sehr oft zusammenwächst - latenter Antisemitismus einer Bewegung gepaart mit antikapitalistischem Gestus. Dem Klima wird das eher nicht helfen.