Zum Hauptinhalt springen

Der Kampf der EU gegen die Piraterie

Von Waldemar Hummer

Kommentare
Waldemar Hummer ist Universitätsprofessor für Europa- und Völkerrecht an der Universität Innsbruck. Foto: privat

Spätestens seit der spektakulären Kaperung des saudischen Supertankers "Sirius Star" hat die Piraterie vor den Küsten Ostafrikas eine Dimension erreicht, die auch die EU reagieren lässt.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Piraterie oder Seeräuberei ist die Gewaltanwendung auf Hoher See gegen ein anderes Schiff zu privaten Zwecken. Kriegsschiffe eines jeden Staates dürfen fremde Schiffe bei Verdacht von Piraterie aufbringen. Dieses seerechtliche Delikt, das bisher - obwohl zum Beispiel allein im Jahr 2000 469 einschlägige Fälle registriert wurden - mehr oder weniger als ausgestorben galt, nahm in den letzten Jahren sprunghaft zu. Neben der Karibik sind es jetzt vor allem die Küsten am Horn von Afrika, vor denen spektakuläre Aktionen von Piraten ablaufen. Abgesehen vom III. Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (1982) (BGBl. 1995/885), das seit 1994 in Kraft steht, zwingt vor allem das als Folge des "Achille-Lauro"-Überfalls (1985) im Jahre 1988 abgeschlossene Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Seeschifffahrt (BGBl. 1992/406) die Vertragsstaaten zur weltweiten Strafverfolgung derartiger Handlungen.

Gemeinsame Aktion des Rates

Zur Bekämpfung seeräuberischer Handlungen und bewaffneter Raubüberfälle vor der Küste Somalias hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in seiner Resolution 1814 (2008) vom Mai 2008 die Mitgliedstaaten und Regionalorganisationen aufgefordert, entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen und diese Aufforderung durch die Resolutionen 1816 (2008) und 1883 (2008) vom Juni und Oktober 2008 bekräftigt. In Durchführung dieser Resolutionen erließ der Rat der EU am 10. November 2008 die Gemeinsame Aktion 2008/851/GASP über die Militäroperation der EU als Beitrag zur Abschreckung, Verhütung und Bekämpfung von seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen vor der Küste Somalias (Amtsblatt 2008, L 301/33). Sie trägt den Namen "Atalanta" (Artikel 1) trägt. Diese Gemeinsame Aktion im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU ist gemäß Artikel 14 Absatz 3 EU-Vertrag für die Mitgliedstaaten verbindlich. Unter der Verantwortung des Rates der EU nimmt das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK) die politische Kontrolle und strategische Leitung der Militäroperation wahr. Das PSK erhält vom Vorsitzenden des Militärausschusses der EU (EUMC) regelmäßig Berichte über die Durchführung von Atalanta (Artikel 6).

Zum Befehlshaber von Atalanta, dessen operatives Hauptquartier sich in Northwood, Vereinigtes Königreich befindet, wurde der britische Konteradmiral Phillip Jones ernannt. Dieser hat sich mit dem Vorsitz, dem Generalsekretär/Hoher Vertreter für die GASP und den Befehlshabern der EU-Einsatzkräfte eng abzustimmen (Artikel 8). Unbeschadet der Beschlussfassungsautonomie der EU können Drittstaaten eingeladen werden, sich an Atalanta sowohl operativ als auch finanziell zu beteiligen. Sollten diese einen wesentlichen Beitrag zur Militäroperation leisten, würden sie hinsichtlich der laufenden Durchführung von Atalanta auch über dieselben Rechte und Pflichten wie die EU-Mitgliedstaaten verfügen.

Piraten, die in den Hoheitsgewässern Somalias oder auf Hoher See aufgegriffen und festgenommen werden, werden generell den zuständigen Behörden des Staates zur Strafverfolgung übergeben, unter dessen Flagge das Schiff fährt, durch dessen Besatzung die Gefangennahme der Seeräuber erfolgte. Der finanzielle Bezugsrahmen für Atalanta, die zunächst auf 12 Monate nach Erklärung der ersten Einsatzfähigkeit der Operation ausgelegt ist, beläuft sich auf 8,3 Millionen Euro.