Die mittlerweile unendliche Geschichte der Stromlösungen. | Wien. Österreich ist als Energiemarkt in Europa eine vernachlässigbare Größe. Obwohl der Markt klein ist, wird er noch einmal durch den Faktor 10 geteilt: Jedes Bundesland hat eine mehrheitlich im Landesbesitz befindliche Landesenergiegesellschaft. Zusätzlich gibt es noch den mehrheitlich im Bundesbesitz befindlichen Verbund.
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Die Folge ist, dass sich Österreichs Energieversorgungsunternehmen im Vergleich mit europäischen Konzernen wie etwa der französischen EdF oder der deutschen E.ON geradezu winzig ausnehmen quasi "wie Gartenzwerge", wie einmal ein langjähriger Korrespondent einer Schweizer Zeitung in Österreich bemerkte.
Dass diese kleinteilige Struktur die Gefahr einer Dominanz durch ausländische Konzerne in sich birgt, war schon vor Österreichs Beitritt zur Europäischen Union klar. Im Februar 1994 ein Jahr vor dem Beitritt richtete der damalige Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel deshalb einen Appell an die heimische Energiewirtschaft.
Geburt der Stromlösung
Der Verbund, die Landesgesellschaften und die OMV (an der der Staat ebenfalls beteiligt ist) sollten zu einer wirtschaftlichen Kooperation finden. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass deutsche und französische Unternehmen in den heimischen Markt "hineinfahren und gewinnen" würden, und Österreich zu einer "Stromkolonie" werden könnte. Die Idee einer österreichischen Stromlösung war geboren. Es dauerte nicht lange, und die Franzosen kamen: 1997 stieg die EdF mit einer Sperrminorität beim steirischen Landesenergieversorger Estag ein. Prompt begann eine Debatte über Atomstrom und Ausverkauf. Um diesen zu verhindern, wurden die Versuche intensiviert, den Verbund als Produktionsgesellschaft mit den Landesgesellschaften als Endkunden-Verteiler zusammenzubringen und so Einstiegsversuche ausländischer Stromkonzerne abzuwehren. Allerdings standen dem immer wieder Rivalitäten zwischen einzelnen Bundesländern und auch zwischen den Ländern und dem Bund entgegen.
Schwierigkeiten
Ein erster Versuch war die so genannte Energie Austria. Sie hätte den Verbund, die steirische Estag und die oberösterreichische EAG umfasst. Sie scheiterte jedoch im Jahr 2000 am Widerstand der niederösterreichischen EVN, der Tiroler Tiwag und der Wienstrom (siehe auch Kasten unten). Der Verbund suchte sein Heil daraufhin in einer Partnerschaft mit dem deutschen E.ON-Konzern. Diese scheiterte an einer politischen Debatte über den Ausverkauf der heimischen Wasserkraft. Die Regierung zwang den Verbund wieder zu Verhandlungen über eine österreichische Lösung diesmal unter Beteiligung der Niederösterreicher, Wiener, Burgenländer und Oberösterreicher, die sich mittlerweile zur "Energie Allianz" zusammengeschlossen hatten.
Diese Konstellation erzielte sogar eine Vereinbarung. Allerdings tauchte in der Folge die Kritik auf, dass diese österreichische Lösung den Wettbewerb behindere. Der Verbund nutzte die Gelegenheit und ließ die Vereinbarung platzen. Politisch gab es aber nach wie vor Druck, eine Stromlösung zustande zu bringen aber mit mehr Wettbewerb. Gleichzeitig wurden die Oberösterreicher der Energie Allianz überdrüssig und wollten wieder mit dem alten Partner Verbund zusammengehen was dieser dankbar aufgriff.
Damit die Verbund-Beteiligung an der EAG die jetzt vereinbarte, neue Stromlösung (siehe Grafik) kartellrechtlich nicht verkompliziert, darf der Einstieg frühestens in 18 Monaten stattfinden. So ist laut der europäischen Fusionskontrollverordnung gewährleistet, dass Stromlösung und EAG-Beteiligung als zwei getrennte Vorhaben geprüft werden.
Dieser Zeitplan behagt dem Land Oberösterreich nicht: Es muss nämlich viel länger auf das Geld für die EAG-Anteile warten. Deshalb will die EAG, die ja formal noch der Energie Allianz angehört, nun die neue österreichische Stromlösung über die Gremien der Energie Allianz wieder zu Fall bringen.
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