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"Der Kampf für die Anerkennung der EU-Grundwerte geht weiter"

Von Heike Hausensteiner

Europaarchiv

Die "Grundrechte und Grundwerte im Europa des 21. Jahrhunderts" waren Thema des dritten Roundtables der Europäischen Sozialdemokraten (SPE), der am Wochenende in Wien abgehalten wurde. Die ersten beiden Gesprächsrunden waren der Kulturpolitik (1998) und der Balkanpolitik (1999) gewidmet. Die SPÖ-Vertreter unterstrichen die Bedeutung der EU-Grundrechtscharta und wollen die Mitsprache der Bevölkerung fördern. Diese Woche wird die SPE-Fraktion im EU-Parlament einen Antrag für EU-weite Referenden einbringen.


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EU-Grundrechtscharta solle beim EU-Rat in Nizza Anfang Dezember verabschiedet werden. "Man kann sich immer mehr wünschen", SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer gibt sich aber zufrieden mit dem erzielten Konsens. Anders der Spitzenkandidat der SPÖ-EU-Abg., Hans-Peter Martin. Er hatte die Charta im September heftig kritisiert und den "Verbraucherschutz, die Revolutionen in der Gentechnik und Biotechnologie" u. a. vermisst.

Martins Aufruf zum Widerstand gegen die Grundrechtscharta hatte naturgemäß für Wirbel in der SPÖ-Delegation gesorgt. Nun scheint der Streit beigelegt: Der Leiter der SPÖ-Delegation im EU-Parlament, Hannes Swoboda, geht davon aus, "dass die Sache geklärt ist". Ein Wechsel Martins zu den Grünen, wie kolportiert wurde, würde ihn nicht stören. "Ich würde von ihm auch nicht verlangen, dass er sein Mandat zurücklegt", sagte Swoboda zur "Wiener Zeitung".

Indes geht der Integrationsprozess auf administrativer EU-Ebene weiter. Die Regierungskonferenz, die an der Institutionenreform der EU arbeitet, dürfe nicht scheitern, so Gusenbauers Appell. Er wünscht sich eine Stärkung des EU-Parlaments, Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit auszubauen sowie das Mitspracherecht der EU-Bürger zu fördern. In Ergänzung zur repräsentativen Demokratie sollten "plebiszitäre Elemente" - zuerst "konsultative Elemente" (Volksbefragungen), dann Volksabstimmungen - eingeführt werden. Das soll im Zuge des Verfassungsprozesses der Union geschehen. Die Grundrechtscharta soll ja in eine Verfassung münden, die sich die EU in einigen Jahren verpassen soll. Swoboda kündigte für diese Woche einen Antrag der SPE-Fraktion für europaweite Referenden an. Außerdem wird die SPE-Fraktion die Verankerung der Charta im Artikel 6 der EU-Verträge beantragen.

Referenden über EU-Beitrittskandidaten lehnen die Sozialdemokraten ab. Man müsse daran glauben, dass "zusammenwächst, was zusammengehört", meinte der stellvertretende SPÖ-Chef Heinz Fischer Willy Brandt zitierend. Nur: Der "Kampf um die positive Bewertung" der Grundrechte und Grundwerte sei noch nicht abgeschlossen. Zur EU-Erweiterung müsse in der Bevölkerung noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden, so Fischer. Politik sei eben "das Bohren harter Bretter mit Augenmaß und Geduld."